#zwickau0611

Gestern. Heute. Morgen? Demonstration in Zwickau anlässlich des 10. Jahrestages der Selbstenttarnung des NSU

Samstag, 06.11.2021 – 14 Uhr Zwickau

Am 04.11.2021 jährt sich die Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) zum zehnten Mal. Schon vor 5 Jahren riefen wir anlässlich des Jahrestages dazu auf mit uns nach Zwickau zu fahren, um an dem Ort in dem das NSU-Kerntrio über Jahre nicht nur unentdeckt, sondern sogar bestens vernetzt in der Nachbarschaft leben konnte, mit uns zu demonstrieren. Nach den Morden an Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat, sowie für den Mord an Michèle Kiesewetter, den drei Sprengstoffanschlägen und den Raubüberfällen, bei denen Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt wurden, bildete ihr Haus in der Zwickauer Polenzstraße immer einen sicheren Rückzugsort.

Vieles ist in den letzten 10 Jahren schon darüber geschrieben worden, wie die Verschränkung von neonazistischer Gewalt, der Ignoranz der Dominanzgesellschaft und der strukturelle Rassismus in Deutschland, vor allem innerhalb der Sicherheitsbehörden, die Taten des NSU ermöglichte und nun eine Aufklärung erschwert. Viele Aktivist:innen und eine kritische Zivilgesellschaft haben aus der Auseinandersetzung mit dem NSU-Komplex ihre Lehren gezogen und nehmen nun die Stimmen von Betroffenen rassistischer und neonazistischer Gewalt ernster und verweisen auf sie im öffentlichen Diskurs. Auch gesellschaftliche Funktionseliten – Politik, Medien und Institutionen – gaben sich nach der Selbstenttarnung des NSU betroffen.


Einhellig war man der Meinung, dass man es nicht für möglich gehalten habe, dass Neonazis über Jahre im Untergrund morden und bomben und dabei unbemerkt bleiben können. Dabei hatten schon 2006 tausende (Post-)Migrant:innen im Rahmen einer Doppeldemonstration „Kein 10. Opfer“ gefordert und darauf hingewiesen, dass es sich bei der Mordserie um Neonazis handeln könne. Doch sowohl Dominanzgesellschaft als auch die politische Linke hörte sie nicht oder nahm sie nicht ernst. Für den größten Teil der deutschen Gesellschaft ist mit dem Urteil im Münchner NSU-Prozess der NSU-Komplex inzwischen abgehakt. In der hegemonialen Erzählung klammert man sich weiter an die These, dass der NSU aus drei Personen, sowie einigen Unterstützer:innen bestand, welche im Prozess abgeurteilt wurden. Dabei existieren genug Belege, die die Triothese unhaltbar machen. Schon allein das verdeutlicht, dass bei weitem nicht genug aufgearbeitet ist: Man kann davon ausgehen, dass mindestens mehrere Dutzend mutmaßliche NSU-Unterstützer:innen auf freiem Fuss sind. Zudem würde eine ausführliche Aufarbeitung des NSU-Komplex bedeuten, zu hinterfragen, welche Strukturen und Ereignisse es waren, die den NSU erst ermöglicht haben. Das NSU-Kerntrio und der größte Teil ihrer Unterstützer:innen wurden während der rassistischen Pogrome im Zuge des Anschlusses der DDR an die BRD sozialisiert. Neonazis konnten damals ihr rasstisches Programm gewalttätig auf der Straße exekutieren, sich als legitime Vollstrecker:innen des Volkswillens fühlen und wurden schlussendlich mit rassistischer Politik durch die Parlamente, z.B. mit der Abschaffung des Grundrechts auf Asyl, belohnt. Parallelen zu dieser Situation kann man spätestens seit 2015 wieder beobachten. Die rechtsterroristischen Strukturen und Anschläge der letzten Jahre sprechen dabei Bände. Dabei handelte es sich entweder um offene Neonazis, die zum Teil direkte Bezüge zum NSU aufweisen, wie bei dem Mörder Walter Lübckes oder der mittelfränkischen III. Weg-Aktivistin Susanne G. oder um extrem Rechte, die sich während der rassistischen Proteste gegen Geflüchtete zusehends radikalisierten. Und spätestens seit dem Mord durch einen Änhanger der sogenannten Querdenkenbewegung muss auch klar sein, dass es sich bei den rechten Maßnahmenprotesten gegen Corona um eine Ermöglichungsstruktur von rechtem Terror handelt. Mit der AfD hat sich inzwischen auch ein diskursiver Arm des rechten Terrors in den Parlamenten etabliert. Dass man sich bei der Bekämpfung von rechtem Terror nicht auf den Staat und seine Sicherheitsbehörden verlassen kann, zeigen regelmäßig neue extrem rechte Strukturen bei Polizei und Militär.

Wir rufen euch daher auf:

Fahrt mit uns gemeinsam am 6.11.2021 nach Zwickau. In die Stadt in der das NSU-Kerntrio über Jahre ungestört leben konnte und es NSU-Unterstützer:innen heute noch können. Zeigt euch solidarisch mit den Aktivist:innen vor Ort und kommt in die Stadt in der militante Neonazis inzwischen seit mehreren Jahren Menschen terrorisieren und jagen, die nicht in ihre Ideologie passen und in der die Stadtpolitik das immer noch nicht ernst genug nimmt. Lasst uns gemeinsam gegen ein Klima demonstrieren, dass es Rechtsterrorist:innen ermöglichte, sich jahrelang vollkommen integriert in der Nachbarschaft zu bewegen und das heute dazu führt, dass sich in derselben Stadt die Rechtsterrorist:innen von morgen politisieren.     

Weitere Infos zur Demo unter: https://www.rassismus-toetet-leipzig.org/index.php/zwickau0611/

Für einen Reader zum Thema „Rechter Terror“, empfehlen wir unsere Thesen „Name it, face it!“

Die Aktionskarte zur Demo findet ihr hier (PNG-Datei, 2 MB).

Veranstaltung: 10 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU – Was haben wir gelernt, was ist noch zu tun?

Datum: 27.08.2021

Ort: Magdalenenstr. 19, 10369 Berlin

Einlass: 18:30 Beginn: 19:00 Uhr

Das Bündnis „Irgendwo in Deutschland“ lädt ein: Name it, Face it – Rechten Terror bekämpfen 10 Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU – Was haben wir gelernt, was ist noch zu tun?

Das im April 2020 veröffentlichte schriftliche Urteil im NSU-Prozess lieferte einen erneuten Einblick in deutsche Realitäten: Die Dimension des NSU-Netzwerks wird kleingeredet, Helfer*innen werden nicht thematisiert, über die Betroffenen wird in der rassistischen Sprache der Täter*innen geschrieben.Der Unwillen, die Bedrohung durch rechten Terror wahr- und ernst zu nehmen, zementiert den gesellschaftlichen Ausschluss der Betroffenen. Ob rassistisch Markierte, Jüdinnen*Juden, Wohnungslose oder andere, die im Visier rechter Gewalt stehen – ihnen wird gesagt „ihr gehört nicht dazu“ und „euer Leben ist nicht so viel wert wie unseres“ – die Dominanzgesellschaft macht sie damit vogelfrei, anstatt sie zu schützen. Wir, das Bündnis „Irgendwo in Deutschland“ hat 2019 und 2020 Thesen zu Rechtem Terror formuliert. Diese halten wir leider nach wie vor für aktuell und wollen auf der Veranstaltung vorstellen. Zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU wollen wir diskutieren: Was haben wir in den letzten zehn Jahren gelernt über die Kontinuitäten rechten Terrors und wie man ihn verhindern kann? Diese 10 Jahre sind zeitlich nur ein kleiner Abschnitt in der Kontinuität von rechtem Terror. Wir möchten noch einmal auf diese lange Geschichte hinweisen, aber auch vor allem mit unseren Gästen diskutieren: Was hat sich vielleicht doch verändert? Zum Guten oder auch zum Schlechten? Was haben wir insbesondere aus dem NSU-Komplex gelernt? Hat sich unsere Perpektive verändert?Unsere Gäste auf dem Podium sind:Tahir Della (Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Tribunal „NSU-Komplex auflösen“)Caro Keller (NSU-Watch)Doris Liebscher (Tribunal „NSU-Komplex auflösen“)

Hier könnt ihr unsere Thesen zu rechtem Terror nachlesen: https://irgendwoindeutschland.org/rechter-terror/

Ort: Magdalenenstr. 19, 10369 Berlin, Datum: 27.08.2021, 18:30 Uhr Einlass, 19 Uhr Beginn

Hygienekonzept: Die Veranstaltung findet draußen statt. Bitte tragt Eure Masken, bis ihr auf Euren Plätzen seid. Dort können sie abgesetzt werden.
Zur Kontaktverfolgung wird es die Möglichkeit geben, sich mit der Corona Warnapp einzuloggen oder sich auf einer Papierliste einzutragen. Diese wird sicher aufbewahrt und wird spätestens nach zwei Wochen entsorgt.
Zur Teilnahme an der Veranstaltung ist entweder ein Impf- bzw. bzw. ein Genesenennachweis oder ein tagesaktueller Schnelltest notwendig.

„Name it, face it! Rechten Terror bekämpfen!“

Titel der Broschüre Name it, face it! Rechten Terror bekämpfen!

Name it, face it! Rechten Terror bekämpfen! November 2020

Ferhat Unvar
Said Nesar Hashemi
Vili Viorel Păun
Mercedes Kierpacz
Sedat Gürbüz
Kaloyan Velkov
Fatih Saraçoğlu
Gökhan Gültekin
Hamza Kurtović

Sie wurden aus rassistischen Gründen am 19. Februar 2020 in Hanau ermordet. Wir sind wütend, wir erinnern und wir stehen in Solidarität mit den Überlebenden und Angehörigen.
Wenige Monate zuvor, im November 2019, haben wir als Bündnis diese Thesen zum Rechten Terror und dem gesellschaftlichen Umgang damit in Deutschland veröffentlicht. Rechter Terror ist und bleibt eine reale Bedrohung.

Dies ist ein Auszug aus unserer Broschüre zum Rechten Terror, welche wir Ende letzten Jahres unter dem Eindruck der Anschläge von Hanau und Halle überarbeitet und heraus gebracht haben. Zum PDF gelangt ihr hier.

Zur Broschüre im Volltext gelangt ihr hier.

Chemnitz ist Kaltort des Jahres 2019

Chemnitz ist mit dem klaren Ziel angetreten, den Titel zu verteidigen. Und Chemnitz hat es – trotz harter Konkurrenz – geschafft auch diesmal den Titel des kältesten Orts von #kaltland zu erringen.

Chemnitz ist mit dem klaren Ziel angetreten, den Titel zu verteidigen. Und Chemnitz hat es – trotz harter Konkurrenz – geschafft auch diesmal den Titel des kältesten Orts von #kaltland zu erringen.

Ob es die Erinnerung an die viel geleugneten Hetzjagden war, die schon 2018 den Titel einbrachten oder eher solch Chemnitz-spezifische Ereignisse wie die Ehrung des verstorbenen Thomas Haller – einer Führungsfigur der Nazi-Szene seit den 90ern – durch eine Trauerfeier im Stadion, ein Bild auf der Anzeigetafel, einen Profispieler aus dem Kader, die Fanbeauftragte welche der SPD-Fraktion im Stadtrat angehört, sowie ca. 1.000 Neonazis; wir wissen es nicht.

Aber motiviert waren sie, die Nazis in all Ihrer Couleur, im Stadtrat, auf der Straße, im Fußballstadion, im Gym und in der Kita und motiviert war auch die Zivilgesellschaft, die weiterhin bis auf wenige Ausnahmen schön die Klappe gehalten hat: Zum Nazi-Aufmarsch „Tag der deutschen Zukunft“ „wehrte“ sich die Stadt laut MDR mit einem Kinderfest gegen „rechte Vereinnahmung“. Die Gegendemonstration wurde nicht mal symbolisch unterstützt, in den Pressemitteilungen der Stadt dazu gibt es nicht mal eine oberflächliche Distanzierung von rechts, die Oberbürgermeisterin der SPD dankte stattdessen lediglich allen, „die heute friedlich demonstriert haben“. Und das schließt dann an diesem Tag wohl auch die Neonazis mit ein.

Unser Dank gilt hingegen allen, die friedlich wie weniger friedlich abgestimmt haben. Es wird immer kälter in kaltland und und die zunehmenden Angriffe und Anschläge mit all den Verharmlosungen, Relativierungen, der Ignoranz und der Selbstgefälligkeit, der Leugnung und dem Zynismus bereiten uns große Sorge. (Dazu auch unsere Thesen zu rechtem Terror, die Ihr hier findet https://irgendwoindeutschland.org/rechterterror/

Unser Aufruf bleibt jedes Jahr ähnlich: Helft uns, die Zustände an diesen Hotspots anzuprangern. Werdet aktiv und kritisiert diese Zustände, auf der Straße und in den socialen Medien. Werdet von zuhause oder vor Ort aktiv, auf jeden Fall: Lasst uns den Preis für das Ausleben des Rassismus in die Höhe treiben!

Unsere Solidarität gilt all jenen, die durch rechte Politik, rechte Angriffe und rechten Terror bedroht sind; insbesondere all jenen, die in Chemnitz leben müssen und auch an all den anderen Kaltorten oder sich dazu entschieden haben, trotz allem dort weiter widerständig zu bleiben.

Kassel, Kaltort-Ranking 2019

200.736 Einwohner*innen

documenta-Stadt & Combat18-Hauptsitz

Besichtigen Sie Kassel, die documenta-Stadt und eindrucksvolles Freiluftmuseum für die Zustände, die mit der Ignoranz rechter Szene und Strukturen einhergehen. Ungestört konnten sich hier, unter immer mal wechselnden, meist recht ähnlich klingenden Namen immer wieder Rechtsterroristen organisieren. Während Namen und Treffpunkte wechselten – vergessen Sie nicht, gleich unsere thematische Stadtrundfahrt zu buchen – blieben Aktionsform wie Beteiligte relativ unverändert. Wer auf die jüngere Stadtgeschichte blickt, sieht die Folgen davon unter anderem in zwei Morden Rechtsradikaler und einer langen Liste an weiteren Anschlägen und Angriffen.

Nachdem rechte Diskursgrößen von Akif Pirinçci und Erika Steinbach bis PI News den CDU-Politiker Walter Lübcke über die sozialen Medien zur Zielscheibe machten, wurde er im Juni in seinem Haus hingerichtet. Täter sollen die Kassler Neonazis Stephan E. und Markus H. sein. Er ist bereits in den Neunzigerjahren mit einschlägigen Gewalttaten aufgefallen, darunter ein versuchter Sprengstoffanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft. Der hessische Verfassungsschutz vermerkte seine Akte 2009 als „brandgefährlich“, hat aber angeblich seitdem nie an neue Informationen und hätte die Akte bereits vernichtet, wenn nicht ein Löschmoratorium wegen der Aufarbeitung des NSU-Komplexes das verhindert hätte. Später musste die Behörde zugeben, doch aktuellere Informationen über en Täter zu haben. Er taucht 11x in einem geheimen Bericht über militante Rechtsradikale auf, die laut VS einen Bezug zur rechten Terrorgruppe NSU aufweisen könnten. Auch jetzt noch wird die Arbeit des Generalbundesanwalts wird blockiert, Akten werden wie aus dem NSU-Komplex gewohnt nur Päckchenweise und zensiert weitergegeben, relevante Informationen über die Täter zurückgehalten. Dieses Verhalten kann nicht verwundern, schließlich wurde in Kassel Halit Yozgat in Anwesenheit eines Verfassungsschützers vom NSU ermordet. Die offensichtliche Sabotage der Ermittlungen zu der Verwicklung Andreas Temmes in den NSU-Komplex zeigte bereits, dass eine Aufklärung der Taten der rechten Terrorgruppe nur gegen den Inlandsgeheimdienst erreicht werden kann.

Wenn sich das realisieren lässt, wird eine Erkenntnis sicherlich die Erweiterung des Netzwerkes um den NSU sein. Und es scheint so, als wenn in Kassel aus demselben Netzwerk der Mord an Walter Lübcke geplant oder unterstützt wurde, wie der an Halit Yozgat. Antifaschistischen Recherchen zufolge war Stephan E. ein paar Monate vor seinem Mord bei einem Treffen von Combat18 in Mücka vor Ort. Diese Gruppe wird von Antifagruppen immer wieder als naheliegendes Unterstützungsnetzwerk des NSU gehandelt.

AB HEUTE 18 UHR WIRD ABGESTIMMT

Eisenach (Thüringen), Kaltort-Ranking 2019

In der heutigen Vorstellung im #Kaltort-Ranking geht es wie schon im vergangenen Jahr um Eisenach.

Ort: Eisenach (Thüringen)
Einwohnerzahl: 42.588 Einwohner*innen

Eisenach, immer noch eine kleine Stadt irgendwo in Deutschland, irgendwo im grünen Herzen Deutschlands, wie sich Thüringen selbst nennt. Beschaulich am Rande eines grünen Waldes. Eine Stadt, die sich gern mit ihrer Landschaft und Kultur schmückt. Martin Luther und die Wartburg, ach ja Eisenach hat viel zu bieten. Nicht ohne Grund fühlen sich echte, stramme Deutsche von dieser Stadt magisch angezogen.
Eisenach ist auch die Stadt, in der Björn Höcke noch ordentlich Konkurrenz bekommt. Die NPD und ihre Führungsfigur Patrick Wieschke stehen ihm in der Beliebtheit nicht nach und da die Eisenacherinnen heimatverbunden sind, wählen sie ihren eigenen Faschisten. So schaffte es die NPD hier noch auf 10,1%, sie konnte bei der diesjährigen Kommunalwahl sogar einen Platz hinzugewinnen. Wieschke sammelte die zweitmeisten Stimmen der Stadt. Doch ein Nazi-Problem können viele Eisenacherinnen nicht erkennen, sie nennen es Demokratie. In der eigenen Immobilie, dem Fliederhaus, geht die Crème de la Crème der deutschen Naziszene ein und aus, ob Thorsten Heise, Ursula Haverbeck, Frank Rennicke, Thomas Sattelberg (Gründer der als kriminelle Vereinigung verbotenen „Skinheads Sächsische Schweiz“), oder Neonazi-Musiker wie „Zeitnah“, „Fylgien“, „Rocker Rolf“, „Barny“, „Hermunduren“ und „RAC’n Rollteufel“.
Als im März 2019 fast 1000 Antifaschistinnen gegen die rassistischen Zustände und gegen rechte Hegemonie in Eisenach demonstrierten, war der Fokus der Stadt jedoch auf die Antifaschistinnen gerichtet, nicht auf die rechten und rassistischen Übergriffe. Die Läden der Innenstadt verbarrikadierten sich. Eine trostlose Innenstadt wirkte noch trostloser. Panik verbreitete sich dank CDU und FDP und Bild-Zeitung. Sie schrieb von „Chaoten“, die Eisenach stürmen wollen. Diese Ignoranz und Leugnung rechter Strukturen ist ein wesentlicher Bestandteil dieser Stadt, um sich als weltoffene Stadt zu präsentieren, da sind Antifaschist*innen ein Dorn im Auge.
Das Stadtbild wird jedoch geprägt durch Graffitis und Sticker mit eindeutig nationalsozialistischen Botschaften. Ein Entrinnen ist nicht möglich, überall ist zu lesen, „Nazi Kiez, NS Zone, White Revolution, I Love NS, Nationaler Aufbau“ usw.
Wie gut vernetzt die Eisenacher Naziszene ist und welch hohes Gewaltpotenzial in ihr steckt, stellte sie im letzten Jahr mehrfach unter Beweis. Doch die bürgerliche Mitte Eisenachs bewertete es als Einzelfälle. Auch nachdem die Spur des deutschen Ablegers der amerikanischen Neonazi-Gruppe „Atomwaffen Division“ nach Eisenach führte, blieb dort alles ruhig, von Aufregung oder Positionierung keine Spur.
Bei unserem Beitrag im letztjährigen Ranking stellten wir euch den Patrick vor, aber Eisenach hat mehr Nazis zu bieten: schauen wir uns dieses Jahr also Leon R. an.
Nachdem das Neonazi-Forum „Iron March“ geleakt wurde, wurde aus privaten Chats ersichtlich, dass deutsche Nazis in Verbindung mit internationalen rechtsterroristischen Strukturen (wie der „Atomwaffen Division“) stehen. Außerdem wurde bekannt, dass der User „Antidemokrat“ in ostdeutschen Neonazistrukturen aktiv ist, sowie in Verbindung zu der Neonazi-Gruppe „Antikapitalistisches Kollektiv“ steht. Ursprünglich meldete sich jener User als „lotharkoenig“ (der bekannte Jugendpfarrer aus Jena) an und schrieb unter diesen Namen: „Deutschland ist meine Religion, Hitler ist mein Prophet.“.
Dieser „Antidemokrat“ ist nach Recherchen des Antifainfoblatt Leon R. aus Eisenach. Er ist gut vernetzt in neonazistische Kampfsportstrukturen, gehört zum „Kollektiv 56“ und ist nach Recherchen der „Antifaschistischen Gruppen Südthüringen (AGST)“ Mitglied von „Nationaler Aufbau Eisenach“. Er nahm beim Kampfsportevent „Kampf der Nibelungen“ in Ostritz teil, fiel schon als Jugendlicher negativ auf und gilt als „Waffennarr“. Die hohe Gewaltaffinität der Neonazis rund um Leon R. äußert sich auch in Form von Waffentrainings und Schießübungen. Dem LKA Niedersachsen fiel außerdem der User „subcprsk“ im Forum „xplosives.net“ auf, der über den Gebrauch von Sprengstoff schrieb. Auch dieser User scheint Leon R. zu sein, sein Profil im „Iron March“-Forum hatte er auf denselben Namen umgewidmnet. Seit Juli 2019 ist Leon R. Betreiber der Kneipe „Bulls Eye“, welche für Nazi-Konzerte zur Verfügung steht. Mit Repressionen musste er lange Zeit nicht rechnen, entsprechend eindeutig waren die letzten Veranstaltungen bspw. zum angeblichen Mord an Rudolf Hess. Die Stadt ignoriert seit Jahren eine militante und international vernetzte Naziszene, dutzende Nazi-Graffiti und eine Nazi-Immobilie. Dies ist auch eine „Leistung“, die gewürdigt werden will! Ende Januar fanden nun endlich auch zwei Hausdurchsuchungen in Folge des Verbotes von „Combat 18“ statt. Der mutmaßliche Rädelsführer der rechtsextremen Terrorruppe Stanley R. wohnt in Eisenach. Die Gruppe wird mit dem Mord am CDU-Politiker Lübcke in Kassel in Verbindung gebracht.

Quellen:

https://haskala.de/…/verbindungen-der-atomwaffen-division-…/

„Atomwaffen Division“ in Thüringen?, Antifaschistisches Info Blatt, Nr 125/Winter 2019

https://agst.noblogs.org/…/leon-ringl-alias-antidemokrat-f…/

Cottbus (Brandenburg), Kaltort-Ranking 2019

Ort: Cottbus (Brandenburg)

Bevölkerung: knapp über 100.000 Einwohner*innen

… das „moderne Zentrum der Lausitz […] will Vorreiter der Digitalisierung sein und Wasserstoff Modellstadt werden.“ Außerdem ist Cottbus laut Selbstbeschreibung „eine junge Universitäts- und traditionelle Parkstadt. Cottbus/Chóśebuz – ein Fleckchen Erde zum Wohlfühlen“ (cottbus.de).

Wohlgefühlt haben sich dort schon in den 1990er Jahren die Nazis. Im Zuge der #Baseballschlägerjahre gab es viele Berichte über eine gewaltvolle und verängstigte Jugend in der schönen Lausitz für (fast) alle, die nicht stramm rechts waren. So gab es bereits vor dem Systemwechsel enge und persönliche Verbindungen zwischen organisierten Neonazistrukturen in Cottbus und in Westdeutschland. Nach dem Ende der DDR konnten die von der BRD damals freigekauften Neonazis zurück in den Osten kommen und ihr Erfahrungen und Kontakte aus Westdeutschland für einen raschen Aufbau neuer Strukturen im Osten bzw. gut organisierte Angebote für die zuvor sehr klandestin agierenden Nazis schaffen.

Wie sich die Selbstverständlichkeit extrem rechter Präsenz im Alltagsleben einer Stadt fortschreibt, kann man im jungen und modernen Cottbus sehr gut beobachten. Die Verstrickungen von Stadtgesellschaft, Kommunalpolitiker*innen, Sicherheitsfirmen, Kampfsportszene, Fußballszene und Neonazis könnt ihr in unserem Beitrag zum #Kaltortranking2018 nachlesen. Die Ergebnisse der Landtagswahlen sprechen auch für sich – stärkste Partei in Cottbus ist die AfD. Jede*r vierte Wähler*in hat extrem rechts gewählt.

Im Herbst bedrohten Nazis und Hooligans öffentlich Klimaschutzaktivist*innen. Dies geschah zum Teil über Social Media Kanäle, aber auch im Fußballstadion zeigten die Fans des Energie Cottbus ein Banner mit der Aufschrift: „Wann Ende im Gelände ist, bestimmt nicht ihr! Unsere Heimat – unsere Zukunft! Ende Gelände zerschlagen“. Nicht nur deshalb, sondern auch, weil es bei den Protesten 2016 massive Bedrohung und Angriffe durch Nazis gab, waren die Aktivist*innen in einer gefährlichen Situation. Dass auf die Brandenburger Polizei in diesem Kontext keine große Hoffnung gesetzt werden kann, ist eh klar. Aber als dann Polizist*innen im Vorfeld der Proteste ein Nazi-Graffiti überstreichen sollten und die Kürzel DC (= Defend Cottbus) stehen lies, mussten auch die Behörden reagieren und die Beamt*innen rügen. Daraus dürfe aber natürlich auf keinen Fall geschlossen werden, dass die Stadt, das Land oder die Polizei ein Naziproblem hätten. Hier liegt eben auch das Problem: die wenigsten haben hier ein Problem mit Nazis.

Im Jahr 2019 wurde auch der Falle eines Kinderheims in der Nähe von Cottbus öffentlich, in dem die Mitarbeitenden sehr autoritäre und gewaltvolle Maßnahmen gegen die dort lebenden Jugendlichen praktizierten. Eine Person wurde hier vorerst beurlaubt – in der weiteren Recherche stellte sich heraus, dass es sich bei diesem Sozialarbeiter um einen der führenden Kader der Identitären Bewegung in Cottbus handelt.

Nazis haben zwar Namen und Adressen – aber wenn niemand sich an ihnen stört, dann ist das eben auch egal. Dann haben sie auch Jobs und Geld und Einfluss und Ansehen und und und mit Cottbus ein Fleckchen Erde zum Wohlfühlen.

Quellen:

www.cottbus.de

www.belltower.news/jahresrueckblick-2019-brandenburg-cottbus-und-die-lausitz-als-inbegriffe-rassistischer-mobilisierung-94189/

www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/Broschur_Zukunft-Heimat.pdf

Wurzen, Kaltort-Ranking 2019

Zu Wurzen hier noch einmal der Redebeitrag der RAA Sachsen von der Demo in Wurzen 2019:

Ort: Wurzen (Sachsen)

Bevölkerung: 16.200

Sommer 2016: Wir sitzen in der Wohnung einer Familie, fast täglich werden sie direkt an der Haustür belästigt. Nachts wird geklingelt, geschrien. Während wir mit der Familie sprechen, fahren in den angrenzenden Straßen Neonazis Patrouille. Der Anlass ist, dass sich Menschen, die in Wurzen leben müssen, gegen Rassismus gewehrt haben. Eine ungeheure Provokation für den rechten Mob. Aber nicht nur der wird rasend. Auch die Lokalpresse empört sich, der Oberbürgermeister spricht von einem „Scherbenhaufen der Integrationsarbeit“.

Eine ähnliche Dynamik entwickelt sich, nach einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen geflüchteten Heranwachsenden und Deutschen in der Innenstadt. Die Folge ist ein Auflauf von mehreren hundert Rassisten auf dem hiesigen Marktplatz, die versuchen die Wohnung der jungen geflüchteten Menschen anzugreifen oder im letzten Jahr als Angreifer verletzt werden, die ein Wohnhaus von geflüchteten attackieren.

Die sächsische Stadt Wurzen ist ein trauriger Hotspot rechter und rassistischer Gewalt. Es ist dabei nicht nur die Quantität an Vorfällen, die selbst in Sachsen beinahe beispiellos ist. Es ist auch die Qualität der Fälle. Die rassistischen Angriffe sind in Wurzen besonders enthemmt und richten sich oft auf die Wohnung der Betroffenen oder finden in ihrem direkten Wohnumfeld statt. Der Wunsch der Betroffenen ist dann: weg ziehen.

Besonders ist in Wurzen auch, dass die Taten kaum juristisch aufgearbeitet werden. Einstellungen der Strafverfahren sind die Regel. Das Signal an die Täter und Täterinnen lautet: Ihr habt nichts zu befürchten. Das Signal an die Opfer der Übergriffe: Es interessiert niemanden, dass ihr in Angst leben müsst. Euer Wohl ist weniger Wert als das der deutschen Bürger.

Erschreckend sind hier die alltäglichen Verhältnisse. Es folgt ein großes öffentliches Echo, wenn sich Geflüchtete wehren, während die rechten und rassistischen Übergriffe zur Normalität gehören und teilweise viel Verständnis hervor bringen.

Dies alles ist kein neuer Zustand. Wurzen ist seit den 90ern bundesweit ein Begriff für Neonazistrukturen, die fast ungehindert agieren können. Seitdem konnten sich rechte Gewalttäter hier mühelos organisieren und wirtschaftlich etablieren. Über die Region hinweg ist Wurzen genau dafür bekannt, nur in der Stadt selbst versucht man häufig zu bagatellisieren und die Bedrohung woanders auszumachen. Wie groß war die Sorge und wie laut die Befürchtungen von Entscheidungsträgern und Verantwortungsträgerinnen als Menschen eine Demonstration in Wurzen ankündigten, um sich mit den Betroffenen des rechten Terrors zu solidarisieren.

Solange sich diese Haltung in der Stadt nicht ändert, werden die Zustände hier so bleiben. Die gesellschaftliche Reaktion auf die Taten, hat einen enormen Anteil an dem Opfer-werdungs-Prozess, dies belegen alle Viktimisierungsstudien. Werden die rassistischen Vorfälle verurteilt oder bagatellisiert, werden die Betroffenen unterstützt oder ihnen gar eine Mitschuld unterstellt… dies alles ist wesentlich beteiligt an der Gewaltwirkung. Öffentliche Solidarität und Unterstützungsbereitschaft kann deswegen in seiner positiven psychosozialen Konsequenz gar nicht hoch genug bewertet werden.

Das Neue Forum Wurzen ist ein hetzerischer Zusammenhang in dessen Umfeld Gewalttäter beheimatet sind und im Zusammenhang dessen Veranstaltungen Angriffe stattfinden.

Attackiert werden nicht nur Geflüchtete, besonders zu leiden hat das soziokulturelle Zentrum NDK am Domplatz. Es ist Anlaufstelle für viele Menschen mit Rassismuserfahrungen, es ist eine stabile Größe gegen eine rechte Kultur und für alternative und demokratische Angebote. Seit Jahren ist es immer wieder Zielscheibe für Verleumdungen, Drohungen und tätliche Angriffe.

Wir solidarisieren uns mit dem Netzwerk für demokratische Kultur und dessen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und mit den übrigen Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt in Wurzen!

Redebeitrag gehalten auf der Demonstration #Wurzen2708: Keine Stimme den Faschos. Den rechten Foren den Raum nehmen!

Nordkreuz – NSU 2.0 oder doch nur wieder verwirrte Einzeltäter*innen?

Ort: bundesweit

Ein Netzwerk aus Polizist*innen, Soldaten und Reservisten hortet Lebensmittel, Kraftstoff und Waffen zur Vorbereitung auf Tag X. In Chatgruppen tauschen sie sich über mögliche Szenarien aus – die Rede ist von Umweltkatastrophen, wirtschaftlichem oder politischem Zusammenbruch, oft spielt die „Überfremdung Deutschlands“ durch Flüchtlinge eine zentrale Rolle. Sie sprechen von sogenannten Safe-Houses, absolvieren Schießübungen und Überlebenstrainings und unternehmen gemeinsam Ausflüge auf Waffenmessen.

Sie selbst nennen sich Prepper, ein Begriff, der abgeleitet ist vom englischen ‚to be prepared‘ meint: Sie sind auf alles allzeit vorbereitet. Das rechtsgerichtete Weltbild ist dabei die treibende Kraft. Die besagte (Chat-)Gruppe nennt sich ‚Nordkreuz‘ und geht noch einen Schritt weiter: Sie erstellten Listen mit Namen und Daten von rund 25.000 Personen, allesamt auserwählte Feinde: politische Gegner in Form von öffentlichen Amtsträgern, Journalisten, Politiker, Menschen, die sich für Flüchtlinge einsetzen. Ein nicht unerheblicher Teil der sensiblen Daten stammt aus Dienstcomputern der Polizei.

In Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Franco A., der rechtsextreme Bundeswehrsoldat, der sich als syrischer Flüchtling ausgab und Anschläge vorbereitet hatte, flog das Netzwerk auf. Ermittlungen des Generalbundesanwalts führten in Mecklenburg-Vorpommern zur Durchsuchung der Wohnungen von Jan-Hendrik H., Bürgerschaftsabgeordneter, und Haik J., Polizeibeamter und AfD-Funktionär, sowie Marko G., ehemaliger SEK-Beamter und Präzisionsschütze. In den Räumen G.‘s fanden sie 32.000 Schuss Munition, ein Teil davon fällt unter das Kriegswaffenkontrollgesetz, eine Uzi-Maschinenpistole mit Schalldämpfer. Munition und Waffen wurden systematisch aus Bundeswehrbeständen geklaut. Außerdem hatte die Gruppe Leichensäcke und Ätzkalk geordert, angeblich für Biwak-Zwecke und Latrinenbau.

Der in Schwerin verhandelte Prozess hat wieder einmal nicht das Verlangen, Einzelheiten aufzuklären und Fragen auszuräumen. Beispielsweise gab der vorsitzende Richter an, dass er nur über den Verstoß gegen das Waffengesetz urteilen wolle. Gesinnung und das dahinterstehende Netzwerk haben für ihn keine Relevanz. Eine weitere Blamage ist, dass die auf den sogenannten Feindeslisten verzeichneten Betroffenen nur auf großen politischen Druck von Außen vom LKA informiert wurden. Ungeklärt bleibt, wie viele Mitglieder die Gruppe Nordkreuz und das damit verbundene bundesweite Netzwerk wirklich zählt.

Kurz vor Weihnachten 2019 wird Marko G. in erster Instanz zu einer Strafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt, welche aber zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dieser Rechtsspruch bleibt hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft, diese legte Revision ein.

Chemnitz, Kaltort-Ranking 2019

Ort: Chemnitz (Sachsen)

Bevölkerung: 243.521 Einwohner*innen

Selbstbezeichnung: Stadt der Moderne

Chemnitz 2019 – Keine Ausschreitungen mehr, aber immer noch scheiße

Die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz 2018 werden wohl auf Jahre nicht zu überbieten sein. Chemnitz hatte seine hässliche Fratze der ganzen Welt präsentiert und gewann 2018 absolut verdient das Kaltortranking, doch auch im Jahr 2019 braucht sich Chemnitz nicht vor den Mitbewerber*innen verstecken und hat so einiges an neonazistischen Aktivitäten vorzuweisen. Das Ziel ist also die Titelverteidigung.


Scheinbar überanstrengt vom vielen Demonstrieren in 2018 verschlief die rechte Szene in Chemnitz den Start ins Jahr 2019 zwar etwas, aber pünktlich zum traditionellen „Bombardierungsgedenken“ Anfang März demonstrierten wieder Neonazis auf den Chemnitzer Straßen. Und ab dann ging es Schlag auf Schlag: Denn plötzlich war mit Hooligan Thomas Haller eine Legende der Chemnitzer Naziszene tot. Nun hätte man denken können: Naja ein Neonazi weniger. So what!? Aber Chemnitz wäre nicht Chemnitz, wenn man es nicht schaffen würde aus einer vermeintlichen Alltäglichkeit einen Riesenskandal zu produzieren. Und so choreographierte der Chemnitzer FC gemeinsam mit seinen rechten Fans für den verstorbenen Fascho-Hool eine Trauerfeier, zu der selbst eine SPD-Stadträtin ihre Trauer ausdrückte. Aber auch das ist wohl typisch Chemnitz. Dass wenige Tage später rund 1000 Neonazis und Hooligans nach Chemnitz kamen, um Thomas Haller die letzte Ehre zu erweisen, war nur die logische Konsequenz. Ende Mai fanden auch in Chemnitz die Kommunalwahlen statt und nur der Umstand, dass sich die Rassisten von „AfD“ und „Pro Chemnitz“ gegenseitig die Stimmen der rechten Wählerschaft streitig machten, sorgte dafür, dass die AfD nicht stärkste Kraft wurde. Trotz allem sitzen im Chemnitzer Stadtrat nun klangvolle Namen wie Martin Kohlmann, Robert Andres und Lars Franke, die alle auf eine lebhafte Vergangenheit in der Neonaziszene zurückblicken können. Stadträte, wie gemacht für Chemnitz. Dass dann auch noch der jährlich in wechselnden Städten stattfindende Naziaufmarsch „Tag der deutschen Zukunft“  in Chemnitz stattfand, passte auch ins Bild. Dieser Stadt bleibt wirklich nichts erspart.


Und was war sonst noch: Rassismus und gewaltsame Übergriffe auf Menschen, die nicht ins Bild der Chemnitzer Mehrheitsgesellschaft passen, sind an der Tagesordnung. Doch das ist in Chemnitz ja so normal, dass es niemanden mehr erschreckt.