Redebeitrag: Der NSU, sächsische Normalität

Redebeitrag von sous la plage auf der Demonstration „das Land – rassistisch der Frieden – völkisch, unser Bruch – unversöhnlich“ am 2. September 2017 in Wurzen. Durchgeführt wurde #Wurzen0209 durch das „Irgendwo in Deutschland„-Bündnis.

Der NSU, sächsische Normalität.

Im letzten Jahr waren wir anlässlich des fünften Jahrestags der Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) in Zwickau. Dort war das Kerntrio und Teile des Unterstützer*innennetzwerks nicht viele Jahre untergetaucht, wie es immer wieder heißt. Nein, hier konnten sie sich in die sächsische Normalität zurückziehen, die ihnen ein fast normales Leben ermöglichte.
Hier war ihr Zuhause, während sie neun rassistische Morde an Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat, sowie den Mord an Michèle Kiesewetter verübten. Während sie drei Sprengstoffanschläge in Köln und Nürnberg verübten, bei denen viele Menschen verletzt und nur durch Glück niemand getötet wurde.
Diese Normalität in Sachsen bedeutete für den NSU, sich in einem Umfeld zu bewegen, in dem es normal ist, sich rassistisch zu äußern, normal ist, mit Neonazis offen zu sympathisieren und Hitler-Büsten auf dem Fernseher zu haben, wie ihr Nachbar in Zwickau. Wir gehen davon aus, dass sich der NSU nicht groß vor seinen Nachbar*innen verstellen musste und wir wissen, dass sie in ihrer Nachbarschaft mehr als akzeptiert waren. Die „normale“ rassistische Stimmung, die wir im Gerichtssaal bei Aussagen der Nachbar*innen und in TV-Dokumentationen zu sehen bekamen, muss dem NSU noch den Rücken gestärkt haben. Sie wurden während der rassistisch-völkischen Mobilisierung der 1990er Jahre politisiert und hatten die Erfahrung mitgenommen, dass sie mit ihren Taten ausführen, was die Mehrheit des „Deutschen Volkes“ sich wünsche.
Ohne den gesamtgesellschaftlichen Rassismus in Deutschland und Sachsen wäre die Mordserie des NSU nicht möglich gewesen. Es ergab sich vielmehr ein Zusammenspiel: Die Neonazis des NSU mordeten rassistisch, die Polizei ermittelte rassistisch, die Medien berichteten rassistisch, die rassistische weißdeutsche Mehrheitsbevölkerung inklusive seiner Linken hinterfragte dies nicht und hörte nicht die Angehörigen und die Betroffenen, die immer wieder auf ein mögliches rassistisches Tatmotiv hinwiesen.
In München geht der NSU-Prozess seinem Ende entgegen, doch diese Normalität von der wir sprechen ist ungebrochen. Nicht nur das, wir erleben erneut eine rassistisch-völkische Mobilisierung, ähnlich wie die, während der sich der NSU politisierte. Diese spitzt sich gerade hier in Sachsen zu. Weiterhin können wir beobachten, wie auch offen lebende Neonazis in ihrer Nachbarschaft respektiert und akzeptiert sind. Die Aufregung, die unserer heutigen Demonstration entgegenschlägt, lässt Wurzen in Reaktion auf Neonazis absolut missen. Und diese Alltäglichkeit bringt erneut organisierte rechte Terrorzellen wie die Gruppe Freital hervor. Diese wurde erst in ihrer Gefährlichkeit erkannt, nachdem die Bundesanwaltschaft den Fall an sich zog. In der sächsischen Normalität sollten die Mitglieder der Gruppe wegen vereinzelter Delikte vor einem Schöffengericht angeklagt werden. Die Polizisten, die mit der Gruppe zusammenarbeiteten, sind inzwischen „entlastet“ und wieder im Dienst. Das ist heutige sächsische Normalität und Wurzen ist ein Teil davon.
Die Bedingungen sind nicht aus der Welt, unter denen der NSU entstehen und unentdeckt morden konnte und die Aufklärung des NSU-Komplex immer wieder verhindert wird. Der NSU-Komplex ist kein abgeschlossenes Kapitel und Sachsen verharrt weiter im rassistischen Normalzustand…

Redebeitrag: Rassismus und Deutschland sind Synonyme.

Redebeitrag von das Schweigen durchbrechen! auf der Demonstration „das Land – rassistisch der Frieden – völkisch, unser Bruch – unversöhnlich“ am 2. September 2017 in Wurzen. Durchgeführt wurde #Wurzen0209 durch das „Irgendwo in Deutschland„-Bündnis.

Rassismus und Deutschland sind Synonyme.

Wir befinden uns heute in der sächsischen Kleinstadt Wurzen. Sie soll exemplarisch für die rassistischen Zustände in Sachsen stehen. Nazis können hier, früher wie heute, ohne größere gesellschaftliche Gegenwehr agieren. Die Stadt wird zum sicheren Rückzugsraum für reaktionäre Kräfte. Zum Problem werden dann eben nicht Neonazis, die in Wurzen ihren Lebensmittelpunkt besitzen, sondern diejenigen, die nicht in deren Weltbild passen oder auf das Problem aufmerksam machen.
Dies wird unter anderem durch den öffentlichen und medialen Umgang mit der heutigen Demonstration illustriert, viel plastischer wird es aber noch, wenn der Umgang mit Geflüchteten im Rahmen des „Tags der Sachsen“ 2015 betrachtet wird, der in Wurzen stattfand. Geflüchtete wurden an diesem Tag aus Wurzen gebracht, damit sie die Feierlichkeit nicht stören würden. In beiden Fällen verfällt die Stadt also in vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Hetze von Rechts gegen Migrant*innen und Linke.
Und die lokalen Nazis? Sie können sich als legitime Vollstrecker des Volkswillens der schweigenden Mehrheit fühlen.
Ein Blick auf die Dokumentation rechter Übergriffe in Wurzen zeigt, dass es sich dabei nicht um ein neueres Phänomen handelt, sondern dass sich diese Entwicklung seit den 1990er-Jahren hinzieht. Eben jene Zustände in den frühen 90er Jahren nach dem Anschluss der DDR an die BRD waren es, die zum Entstehen einer militanten Naziszene in Gesamtdeutschland und schließlich zur Gründung der Nazi-Terrororganisation „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) führten. Grundlage hierfür ist die Fortexistenz nationalsozialistischer Ideologiefragmente – sowohl in Ost-, als auch in Westdeutschland – sowie die sogenannte „Wiedervereinigung“, die wie ein Fanal auf die rechte Szene wirkte.
Völkischer Rassismus war hierbei schon Anfang der 90er Jahre die zentrale Schnittstelle zwischen organisierten Nazis und deutscher Mehrheitsgesellschaft. Die Unterscheidung zwischen „uns“ und „ihnen“ entlang quasi-natürlicher Kategorien, egal ob offen völkisch aufgrund von Abstammung oder vermeintlich aufgeklärt als kultureller Unterschied benannt, stellt in weiten Teilen der Gesellschaft die Grundlage dar, auf derer „unsere“ Identität durch die bloße Anwesenheit der „Anderen“ bedroht wird. In dieser Vorstellung werden Menschen in „Völker“ oder „Kulturen“ unterteilt, wobei das Verhalten der Individuen wiederum als durch die Eigenschaften dieser Kollektive determiniert angesehen wird. Bereits die Anwesenheit der Angehörigen anderer „Völker“ oder „Kulturen“ droht dadurch, die Differenz zwischen „uns“ und „ihnen“ aufzulösen und wird entsprechend als Bedrohung wahrgenommen. Über weite historische Phasen mehr oder weniger stark geächtet, wurde Rassismus ab Anfang der 1990er Jahren zunehmend enttabuisiert. Erst vor dem Hintergrund, dass rassistische Weltdeutungen zunehmend die öffentliche Meinung dominierten, wird verständlich, warum sich organisierte Nazis nach der deutschen Einigung als konsequenteste Vollstrecker des Volkswillens begreifen konnten.
Nimmt man die Entwicklungen der jüngeren deutschen Geschichte ernst, die in der NSU-Mordserie gipfelten, so folgt daraus zweierlei:
1. Das was Antifa schon immer getan hat: sich rassistischen Bewegungen in den Weg zu stellen, egal, ob sie wissen, dass sie Nazis sind oder nicht.
2. Zu erkennen, dass das Zusammenspiel von Nazis und Mehrheitsgesellschaft Ausdruck dafür ist, dass die nationalsozialistischen Ideologiefragmente in Deutschland immer noch virulent sind. Deshalb muss Deutschland der Offenbarungseid aufgezwungen werden, dass Rassismus und Deutschland Synonyme sind, um endlich mit der deutschen Ideologie zu brechen.

Redebeitrag: Alltag in Sachsen – Alltag in der Leipziger Volkszeitung

Redebeitrag von „Rassismus tötet!“- Leipzig auf der Demonstration „das Land – rassistisch der Frieden – völkisch, unser Bruch – unversöhnlich“ am 2. September 2017 in Wurzen. Durchgeführt wurde #Wurzen0209 durch das „Irgendwo in Deutschland„-Bündnis.

Alltag in Sachsen – Alltag in der Leipziger Volkszeitung

Am 9. Juni 2017 versammelten sich Neonazis und Rassist*innen auf dem Wurzener Marktplatz und versuchten Geflüchtete, die in der Wencelaigasse wohnen, anzugreifen. Die Leipziger Volkszeitung berichtete unter der Überschrift: „60 Angreifer: Polizei verhindert Attacke auf Asylbewerber in Wurzen“.
Zu Wort kamen in diesem Artikel allerdings nur Stadtverwaltung und Polizei. Beide widersprachen der öffentlichen Darstellung von den „ruhestörenden Flüchtlingen“ nicht. Das verwundert nicht, denn die eindeutig rassistische Motivation des gewaltbereiten Mobs lässt sich so relativieren. Diese passt nämlich auch nicht zum Image der „weltoffenen Ringelnatz-Stadt“. Aber mehr als das ist es eben auch nicht: Es ist lediglich ein inhaltsloses Image.
Die Leipziger Volkszeitung, als einzige  Vertreterin der „4. Gewalt“ in Wurzen, ist bemüht dieser Selbstdarstellung der Stadt nicht zu widersprechen, auch wenn die Faktenlage  nichts Anderes zulässt. Mittlerweile gibt es eine Routine im “sächsischem Image-Dreisprung”. Dieser basiert immer auf der gleichen Systematik:

  • Täter*innen und Taten relativieren,
  • danach folgt die Erwähnung einer möglichen Täter-Opfer-Umkehr
  • und zum Schluss wird die Sprecher*innenrolle  regionalen Neonazis und/oder besorgten Bürger*innen überlassen.

Zuletzt bleibt immer ein geschöntes Image der Stadt. Die erhöhte Gefahr vor gut darin geschützten Rassist*innen bleibt bestehen. Hauptsache ist, dass die “öffentliche Ruhe” beibehalten wird. Die Situation der von  Rassismus Betroffenen spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Doch welch ein Glück für die lokale Redaktion der Leipziger Volkszeitung. Anstatt weiter über rassistische Übergriffe und Zustände reden zu  müssen, konnte sie in den letzten Wochen die heutige antifaschistische Demonstration in Wurzen diskreditieren.

  • So titelte die LVZ Mitte Juli: „Wurzener besorgt: Ein zweites Hamburg brauchen wir hier nicht“.
  • Dann, einen Tag später auch direkt die Enthüllungsnachricht: Beim Anmelder der Demonstration handelt es sich um denselben, wie bei der Hamburger “Welcome to Hell”-Demonstration.
  • Grund genug für die Tränendrüsen-Überschrift, ein paar Tage später: „Wir lassen uns Wurzens Ruf als weltoffene Stadt nicht kaputt reden“.

Als nicht erwähnenswert wurde allerdings befunden, dass der Anmeldername nicht durch investigativen Journalismus an die Öffentlichkeit kam, sondern durch die Ordungsbehörden direkt an die Presse durchgereicht wurde. Auch im weiteren Verlauf blieb eine differenzierte Berichterstattung aus. Eine Erwähnung zum nur einen Monat zurückliegenden versuchten Angriff, gegen geflüchtete Menschen, erfolgte nicht mehr.
Die zu Wort kommenden Sprecher*innen Wurzens stimmten alle in denselben Chor mit ein:
„Womit hat ausgerechnet Wurzen das verdient“?. Gleichsam wurde reflexartig, wie anderswo in Sachsen auch, verlautet: „man sei doch  weltoffen“ und „auch andere Orte hätten Probleme mit Neonazis“. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit unserer heutigen Demonstration erfolgte nicht. Die Hauptschlagzeile ist: „Die Wurzener haben Angst vor Zerstörung“. Eine nochmalige Verdeutlichung für all diejenigen, die die polarisierenden Absichten des Blattes noch nicht verstanden  haben. Die öffentliche Meinungsbildung hängt stark von solch einer Berichterstattung ab. So legitimierte die Leipziger Volkszeitung mit ihren hetzerischen, völlig überspitzten und  realitätsfernen Artikeln nicht nur die  zunehmende Vorverurteilung der Demonstration, sondern schürte so auch eine Stimmung der  Angst. Auch das Abfahren der angemeldeten Route, im Vorfeld der Demonstration, durch  einen Wasserwerfer wurde nicht mehr hinterfragt.
Dem repressiven Vorgehen der Behörden und  Polizei gegenüber der Demonstration wird somit inhaltlich Futter gegeben. Es wird völlig von den  in Wurzen herrschenden Zuständen abgelenkt.
Somit bleibt kaum noch Raum das Engagement  von Menschen in Wurzen und anderswo, die sich mit diesen Missständen nicht abfinden wollen, wahrzunehmen. Sie bleiben de facto ebenso ungehört, wie die von Rassismus Betroffenen. Wenigen anderen Medien gelang eine  differenzierte Berichterstattung die auch  aufgreift, warum wir heute hier sind: Dazu zählen unter anderem

  • unzählige Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen
  • weil Geflüchtete nicht gehört werden
  • weil die lokalen Initiativen kaum Unterstützung erfahren
  • weil Orte wie Wurzen ein Rückzugsraum für Neonazis darstellen
  • weil das Image der Stadt wichtiger ist als das Wohlergehen der Menschen

Wir sind lieber Linksunten, als LVZ und ihre Kommentarspalten.

Redebeitrag: Tag der Sachsen: deutsche Zustände im Spotlight.

Redebeitrag von deutschland demobilisieren! auf der Demonstration „das Land – rassistisch der Frieden – völkisch, unser Bruch – unversöhnlich“ am 2. September 2017 in Wurzen. Durchgeführt wurde #Wurzen0209 durch das „Irgendwo in Deutschland„-Bündnis.

Wenige Tage nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen fand zum ersten Mal der Tag der Sachsen statt – damals in Freiberg. Seither feiern jährlich am ersten Septemberwochenende 200.000 bis 500.000 Sachsen sich und ihren Freistaat – dieses Jahr in Löbau.
Zwar möchten ‚die Sachsen am liebsten mit der ganzen Welt feiern'[1], wie es auf eine Website heißt; doch eine Einladung an nicht-deutschsprachige Menschen spricht der Löbauer Oberbürgermeister in seiner Pressemitteilung dazu nicht aus. Stattdessen sollen Geflüchtete mit Aushängen darüber informiert werden, was an dem Tag in der Stadt ’so los sein‘ wird. Klingt wie eine Drohung? Ja! Zur Sorge gibt es ausreichend Anlass: So wurden schon beim örtlichen Stadtfest in den Jahren 1999 und 2006 Menschen von Rechten durch die Löbauer Straßen gehetzt und brutal zusammengeschlagen. Die Gewalt in Löbau nimmt allerdings noch weitreichendere Dimensionen an. Eine Unterkunft für Geflüchtete, in der zu der Zeit 300 Menschen untergebracht waren, wurde im Februar 2016 mit Molotowcocktails angegriffen.
Oberbürgermeister Buchholz vertritt jedoch die Einschätzung, dass es zwischen ‚Besucher*innen des Tag der Sachsens‘ und Geflüchteten nicht zu (Zitat) Diskrepanzen (damit meint er dann wohl rassistische Übergriffe) kommen werde. Buchholz unterscheidet selbstverständlich zwischen ‚Tag der Sachsen Besucher*in‘ und ‚Geflüchteten‘. Dies macht wieder einmal deutlich, wie tief der Rassismus in Sachsen sitzt – dass geflüchtete Menschen offenbar gar nicht erst beim Tag der Sachsen mitfeiern sollen.
Schauen wir uns einmal an, was am ‚Tag der Sachsen‘ so los ist. Laut Veranstalter „gibt es da nämlich richtig was zu erleben, denn Verbände und Vereine präsentieren sich und informieren über das typische sächsische Brauchtum“.[2] So 2015 auch die NPD, welche auf dem Tag der Sachsen hier in Wurzen, von Veranstalter*innen und Besucher*innen unbehelligt ihre Propaganda verteilen konnte.[3] Auch im Jahre 2012 in Freiberg, als der Verein ‚Militärfreunde Sachsen‘, dort in Wehrmachtsuniformen einen Stand betrieb und mit alten Nazifahrzeugen durch die Stadt fuhr. Im Jahr zuvor in Kamenz waren Wehrmachtfans auch schon mit einem Stand auf dem Tag der Sachsen präsent.[4]
Wir sehen also, der ‚Tag der Sachsen‘ ist ein Fest, auf welchem rassistische Propaganda, rechte Hetze und Geschichtsrevisionismus nicht mit Widerspruch rechnen müssen. Im Gegenteil – es geht schließlich darum, dass das ‚typisch sächsische‘ gefeiert und im Zweifelsfall auch gegen vermeintliche Bedrohungen verteidigt wird. Der sächsische Nationalstolz ist ein Grund dafür, dass vor der seit Jahren stattfinden rechten Mobilisierung gemeinschaftlich die Augen verschlossen werden. Alles, was den völkischen Konsens stört, wird angegriffen – auch Menschen, die als anders gelabelt werden. Die Angriffe reichen von verbaler Hetze über Beleidigungen und Bedrohungen bis hin zur physischen Gewalt und hin zu versuchtem gemeinschaftlichem Mord.
Wer diese Zustände rassistisch nennt, wird als Nestbeschmutzer*in verunglimpft und wegen mangelnder Differenzierungsfähigkeit diskreditiert. Dabei sind es gerade sächsische Politik, Polizei und Medien die zu keinerlei Differenzierung fähig scheinen. So werden ständig rechte und rassistische Angriffe mit anitfaschistischen Protesten gleichgesetzt und Nazis mit Antifas verglichen.
Auch, wenn der rassistische Konsens bundesweit herrscht, haben wir es hier mit einer sächsischen Spezifik zu tun, die bei der Großveranstaltung ‚Tag der Sachsen‘ besonders sichtbar wird. Sachsen präsentiert ganzjährig und mit Stolz die deutschen Zustände, wie unter einem Brennglas.
Deshalb fordern wir, Großveranstaltungen wie den Tag der Sachsen abzuschaffen. Das gesparte Geld sollen Geflüchtete zum Zweck der Selbstverteidigung erhalten, damit sie sich besser gegen rassistische Angriffe zur Wehr setzen können. Zudem fordern wir die sofortige Umsiedlung aller Rassist*innen aus Sachsen an einen sicheren Ort, wo sie keine Geflüchteten mehr angreifen können.
Bis es soweit ist:

  • Der völkischen Bewegung in die Beine gehen, wo es nur geht: bildet euch und andere, klärt auf und stört den rassistischen Normalzustand
  • Unterstützt lokale Antifastrukturen und Geflüchteten Selbstorganisationen
  • wehrt euch gegen die Gleichsetzung von rechter Gewalt und linker Protest

Lasst uns anfangen Deutschland zu demobilisieren!
1: http://www.sachsen-online.de/events-sachsen/tag-der-sachsen/
2: http://www.sachsen-online.de/events-sachsen/tag-der-sachsen/
3: http://www.gruene-fraktion-sachsen.de/themen/rechtsextremismus/npd-verstoesse-beim-tag-der-sachsen-gruene-protestieren/
4: http://www.ksta.de/politik/sachsen-mit-nazi-autos-durch-die-stadt–4025532

Pressemitteilung: 500 Antifaschist*innen stören den rassistischen Normalzustand in Wurzen

Am Samstag, den 02.09.2017, fand eine antifaschistische Demonstration mit 500 Teilnehmenden in Wurzen statt. Das Bündnis „Irgendwo in Deutschland“ hatte parallel zum „Tag der Sachsen“ zur Demonstration „Das Land rassistisch – der Frieden völkisch – unser Bruch unversöhnlich“ aufgerufen. „Hintergrund der Demonstration waren die kontinuierlich gewachsenen Neonazistrukturen und die daraus folgenden rassistischen Übergriffe, die in Wurzen zum Alltag gehören.“, so Sandra Merth, die Sprecherin des Bündnis.
Konfrontiert wurde die Demonstration zunächst mit einem martialischen Polizeiaufgebot von mehreren Hundertschaften, fünf Wasserwerfern und dem SEK. Medial wurde die Stimmung schon Wochen vor der Demonstration angeheizt: Es war stets die Rede von einem „zweiten Hamburg“ oder einem „zweiten G20“. „Dies machte es sehr schwer, unsere Inhalte gerade an die Wurzener*innen zu vermitteln. Stattdessen schürte das massive Polizei-Aufgebot und das Medienecho zuvor ein Szenario der Angst“, so die Sprecherin weiter.
Die Demonstration lief entschlossen aber friedlich an verbarrikadierten Läden und unzähligen Kameras von Außenstehenden vorbei. Sie machte mit Transparenten und zahlreichen Redebeiträgen dennoch auf den rassistischen Alltag und die Mobstimmung in Wurzen aufmerksam. Diese war durch die vielen hitlergrüßenden und vermummten Neonazis am Rande der Demonstration an diesem Tag auch mehr als sichtbar. Die Neonazis versuchten wiederholt, die Demonstration und anwesende Journalist*innen anzugreifen.
Noch zuvor lies die Polizei verlauten, dass das eigene Aufgebot zum Schützen der Antifaschist*innen aufgefahren wurde. Dass dieser vermeintliche Schutzauftrag nur vorgeschoben war, zeigte sich als die Angegriffenen selbst verteidigen mussten, Täter lediglich ermahnt wurden und die Beamten sich bei den vielen bei Hitler- und Kühnengrüßen für „nicht zuständig“ erklärten.
„Mit einem solchen Szenario haben wir im Vorfeld gerechnet, hier waren die Wurzener Zustände für alle sichtbar,“ sagt Sandra Merth.
Trotz Routenänderung und zurückgezogenen Gegenveranstaltungen konnte die Demonstration die Aufmerksamkeit auf prägnante Punkte der gut vernetzten und umtriebigen Neonaziszene richten. Vom Lautsprecherwagen waren dazu immer wieder Informationen zu hören. „So wurde beispielsweise der langjährige Sitz von dem Neonazi-Label ‚Front Records‘ in der Walther-Rathenau-Straße thematisiert. Ebenso wurden die rassistischen Übergriffe in der Pestalozzi-Schule und auf Wohnungen von Geflüchteten an den entsprechenden Orten skandalisiert,“ beschreibt Merth die Route.
„Wir waren sehr erfreut, dass trotz der vorherigen Angstmache auch engagierte Wurzner*innen den Weg auf unsere Demonstration gefunden haben, und hoffen, dass die Demonstration weitere Wurzener*innen für unsere Inhalte sensibilisiert wurden und sich den rassistischen Zuständen in Zukunft entgegenstellen werden“ so Sandra Merth weiter.