Berlin, Kaltort-Ranking 2017

Ort: Berlin
Bevölkerung: 3.520.000 Einwohner_innen
Kurzbeschreibung: Hauptstadt der Freiheit
Beim #Kaltort-Ranking darf natürlich auch die Schlandes-Hauptstadt nicht fehlen – und das weltoffene, hippe, tolerante Berlin tut einiges dafür, gute Chancen auf die Auszeichnung als #Kaltort 2017 zu haben!
be berlin – aber nicht für alle. Nicht erst seit der AFD und den Identitären ist es in Berlin en vouge, Kritik am Zuzug vermeintlicher Nicht-Herkunftsdeutscher zu äußern. Wer erinnert sich noch an Heinz Buschkowsky? Ehemaliger Bezirksbürgermeister von Neukölln (SPD) und gerne zitierter Multikulti-Kritiker, der endlich sagt, was alle denken und sich aber ‚immer von rassistischen und völkischen Tendenzen distanziert hat’2 bzw. der entsprechenden klaren Benennung. Inhaltlich ist da Konsens – was einmal mehr dadurch zum Ausrdruck kommt, dass die AFD kurzerhand Buschkowskys Namen für ihren Wahlkampf nutzte. Dagegen könnte der SPD-Politiker natürlich was machen, der ehemalige Bürgermeister sah allerdings von rechtlichen Schritten ab.
In seine Fußstapfen tritt seine Nachfolgerin Franziska Giffey (ebenfalls SPD). Sie möchte, dass die Neuköllner Parks für die Allgemeinheit nutzbar sind und versteht unter Allgemeinheit wohl Hipster, Jogger*innen und alle mit Hunden – definitv aber keine Menschen, die die Parks nutzen (müssen), um dort zu übernachten. Deshalb organisiert sie ‚freiwillige Rückreisen‘ für wohnungslose Menschen aus den Ost-EU-Staaten auf Bezirkskosten.3 Diesen ‚freiwilligen Rückreisen‘ geht neben s.g. Beratungsgesprächen freilich auch eine entsprechende repressive Vertreibungspolitik durch das Ordungsamt und die Polizei voraus. Ihr Kollege Stephan von Dassel (die Grünen) fordert sogar öffentlich die Abschiebung (sic!) von wohnungslosen Ost-EU-Bürger*innen.4
Aber zurück zu Neukölln. Hier griffen seit Winter 2016 immer wieder Nazis gezielt linke Projekte und Personen an. Begonnen hat es mit Brandanschlägen auf ein linkes Café und Buchläden, die sich auch im Neuköllner Süden trauen, sich offen gegen Rechts zu positionieren. Es folgten Outings von vermeintlichen linken Aktivist*innen, bei denen ihre Namen an ihre Wohnhäuser geschmiert wurden und weitere Brandanschläge auf Autos von linken Politiker*innen. Zwar ermittelt der Staatsschutz, aber trotz einer gut bekannten und relativ offen agierenden Neuköllner Nazi-Szene gibt es -Überraschung!- noch keine Ergebnisse. Gegen Jahresende, rund um den 9. November, wurden im Neuköllner Süden dann „Stolpersteine“ aus den Gehwegen ausgegraben. Hier vermuten dann sogar die Cops eine politisch motivierte, nämlich antisemitische, Tat.
Das ist hierzulande und hierzuorte schon was besonderes. Antisemtisimus zu erkennen, zu benennen und zu unterbinden – damit tat sich beispielsweise auch eine Schule in Friedenau schwer. Während ein Schüler über längere Zeit massiv angegriffen wurde, erhielten er und seine Eltern keine Unterstützung durch die Schulleitung – vielmehr wurden die antisemitschen Taten relativiert. Kritik an Antisemitismus folgt nur, wenn er außerhalb der als weiß imaginierten deutschen Gemeinschaft auftritt. So schafften es brennende Israel-Flaggen auf Demos anlässlich der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels im Dezember dann auch direkt in die Tagesschau. Die Deutung erschien so einfach – Jens Spahn (CDU) beispielsweise twitterte sehr schnell, dass er sehr besorgt über die Stimmung im Land durch den sogenannten ‚importierten Antisemitismus‘ sei. Hier zeigen sich klare Schnittmengen zu den bekannten rassistischen Diskursen um und über Geflüchtete. Dass Antisemitismus alles andere als ein importiertes Problem, sondern ein zutiefst deutsches ist, beweist das unerträgliche Video (natürlich ebenfalls aus Berlin), dass vor einigen Tagen viral ging: ein scheinbar gut situierter Herkunftsdeutscher beleidigt und bedroht den Besitzer eines israelischen Restaurants antisemitisch und ergeht sich sogar noch nach Eintreffen der Polizei in widerlichen Gewalt- und Mordphantasien.
Berlin kann in der Bewerbung um den #Kaltort2017 traurigerweise sogar auf mindestens ein Mordopfer rassistischer Gewalttaten verweisen. Ein vermeintlicher Ladendieb wurde durch einen Supermarktbesitzer in Lichtenberg tot geprügelt. Im Prozess stellte sich heraus, dass dieser seit geraumer Zeit in zwei Berliner Filialen die Praxis etablierte, im Falle von Ladendieben die ‚ausländisch oder verwahrlost‘ aussähen nicht die Polizei zu rufen, sondern Quarzhandschuhe anzuziehen und die Personen gemeinsam mit seinen Mitarbeiter*innen brutal zu verprügeln. So wurde der ermordete Eugeniu B. aus Moldavien innerhalb einer Woche in beiden Filialen verprügelt und starb an seinen Verletzungen. Die Taten sind auf den Überwachungskameras des Supermarktes dokumentiert. Zudem sandte der Täter eines dieser Videos mit dem verächtlich zynischen Kommentar ‚Moldavien zu Gast bei Freunden‘ an weitere Personen. Darin erkennt das Berliner Gericht dann zwar tatsächlich Fremdenfeindlichkeit, die wirkt sich aber nicht unbedingt auf die Schwere des Urteils aus – vielmehr bereitet dem Gericht Sorge, dass der Täter hier Selbstjustiz übt…5
Dies war eine kleines und unvollständiges Potpourrie der ‚Berliner Zustände‘. Die Ereignisse bestätigen den Slogan des Stadtmarketings: In der deutschen Hauptstadt ist immer etwas los, zu jeder Tageszeit, an jedem Tag im Jahr – bedauerlicherweise.
2 https://www.morgenpost.de/politik/bundestagswahl/article212013599/AfD-wirbt-mit-Neukoellns-Ex-Buergermeister-Heinz-Buschkowsky.html
3 https://www.berliner-zeitung.de/berlin/illegale-park-lager-neukoelln-schickt-osteuropaeer-heim-28563510
4 https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2017/10/obdachlose-berlin-tiergarten-abschiebung.html
5 http://www.spiegel.de/panorama/justiz/selbstjustiz-in-berliner-supermarkt-wie-andre-s-verurteilt-wurde-a-1140684.html
 

Köln, Kaltort Ranking 2017

Ort: Köln
Einwohner*innenzahl: 1.060.582
Selbstbezeichnung: Zentrum rheinischen Frohsinns, Domstadt, „Mir sin all Jecke“
Köln hat sich seit 2016 von der Stadt zum rassistischen Schlagwort verwandelt. Dank ‚Köln‘ fühlten sich deutsche Medien und Politiker_innen endlich bestätigt in ihrer rassistischen Vorstellung: Die erheblichen sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht 2015/2016 am Kölner Hauptbahnhof hätten die Bedrohung durch ‚die Flüchtlinge‘ bewiesen. Im Sommer 2015 seien sie von den ‚Deutschen‘ mit offenen Armen empfangen worden (sowie mit Fregatten, Stacheldraht, Maschinengewehren und Brandanschlägen in überfüllten Turnhallen und Abschiebungelagern; aber wen interessiert das schon?) – mit ‚Köln‘ aber hätten ‚die Flüchtlinge‘ ihr Gastrecht jedoch endgültig missbraucht. So klang es aus Kaltlands Schreibstuben und selbst international konnten Trump, Orbán und Konsort_innen mit ‚Köln‘ gegen refugees hetzen.1
‚Köln‘ ermöglichte eine enorme Diskursverschiebung in der deutschen Öffentlichkeit, die darauf abzielte, jetzt endlich einmal die Wahrheit über ‚die Flüchtlinge‘ zu sagen. Diese rassistische Debatte ermöglichte unter anderem die Verabschiedung eines neuen (und durchaus progressiven) Sexualstrafrechts, führte zu einer weitreichenden Veränderung des Pressekodex und zu mehreren drastischen Verschärfungen des Asylrechts.
Denn: Ein zweites ‚Köln’ dürfte es nicht geben!
Welche Maßnahme wählte die Kölner Polizei also zum nächsten Silvester? Racial profiling, wie es offensichtlicher kaum geht. Wie ein Journalist, der vor Ort war, eindrücklich schildert, hatte die Polizei kurzerhand zwei Ausgänge eingerichtet: ‚Arier’ mussten durch den linken, der Rest durch den rechten Ausgang.2 Die einen dürfen feiern, die anderen landen im Polizeikessel, werden kontrolliert und durchsucht.
So weit, so widerlich, so deutsch.
Besonders aufschlussreich war jedoch die anschließende Debatte. In den ersten Tagen war noch Kritik zu vernehmen: Einige Medien fragten, „was bitteschön ein Nafri“ sei?3 Und die Vorsitzende der Grünen, Simone Peters, formulierte zaghaft: „Allerdings stellt sich die Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, wenn insgesamt knapp 1000 Personen allein aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden.“
Doch das brachte die deutsche Seele zum Kochen: Kritik an unserer Polizei? Und dann auch noch ein Rassismusvorwurf? „Schäbig”, „fundamentalistisch“ und „dumm“ „dümmer“ „GRÜFRI*“ findet des deutschen Mobs lautestes Organ.4 Der allseits präsente Polizeigewerkschafter Rainer Wendt („Racial Profiling hat es bei der Polizei nie gegeben“) teilt mit, „die Sicherheitskräfte in Köln haben hervorragende Arbeit geleistet und schwere Straftaten verhindert“5, und der SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sekundierte lapidar: „Manchen Leuten – auch bei den Grünen – kann man es nie recht machen.“6
Der Tiefpunkt der Debatte aber war erreicht, als Peter aus ihrer eigenen Partei heraus zerlegt wurde: Katrin Göring-Eckardt empfand Peters Fragen als „sinnlose Debatte“, Cem Özdemir meinte, die Polizei habe ihren Job „richtig und gut gemacht“, dass mit NAFRI sei „dämlich“, aber „erledigt“.7 Irene Mihalic teilte „diese pauschale Kritik nicht.“8 Und Omid Nouripour meinte, „Vorwürfe an die Polizei vom Schreibtisch aus“ seien „nicht sinnvoll – für die Bewertung der Arbeit gibt es gewählte parlamentarische Gremien“.9 Kölner Grüne wurden noch deutlicher. Ein Bezirksbürgermeister bezeichnete Peters Aussagen als „ehrabschneidend und perfide“, der Vorsitzende der NRW-Landtagsfraktion hatte „selten so was Bescheuertes von einer Bundesvorsitzenden gehört“.10 Genau, schließlich hatte der Polizeisprecher doch gesagt, „dass die Kontrollen grundsätzlich anlass- und verhaltensbezogen waren und nicht einfach an Äußerlichkeiten anknüpften“.11
‚Köln‘ hat nicht nur gezeigt, dass stumpfer Rassismus flächendeckende Verbreitung findet und das Volk autoritäre Maßnahmen gegen jene, die als ‚Volksschädlinge‘ ausgemacht werden, jederzeit bereitwillig absegnet und auf den Rechtsstaat gerne verzichtet. Es hat auch deutlich gemacht, dass die leiseste Kritik an diesem Zustand gnadenlos niedergemacht wird. Und wenn dann zwei Wochen später rauskommt, dass unter den Kontrollierten mehr Deutsche als „NAFRIS“ waren,12 und dass Peters so wie alle anderen Kritiker_innen Recht hatten, dann interessiert das niemanden mehr. Hauptsache ist: ‚Unsere Polizei‘ hat ‚unsere Frauen‘ diesmal erfolgreich vor ‚dem Ausländer‘ geschützt. Aber ‚wir‘ sind nicht rassistisch.
Köln ist der Inbegriff von #kaltland!
1 So mit gänzlich anderer Bewertung auf Welt online: https://www.welt.de/politik/ausland/article150918354/So-spottet-das-Ausland-ueber-die-Koelner-Silvesternacht.html
2 https://www.n-tv.de/politik/Wer-feiern-darf-und-wer-nicht-article19445146.html
3 http://www.spiegel.de/panorama/justiz/silvester-kontrollen-in-koeln-was-bitteschoen-ist-ein-nafri-a-1128172.html
4 Zitieren wir nicht!
5 https://www.welt.de/politik/deutschland/article160768922/Gruenen-Chefin-stellt-Rechtmaessigkeit-der-Polizeikontrollen-infrage.html
6 https://www.welt.de/politik/deutschland/article160810739/Vorwuerfe-vom-Schreibtisch-aus-sind-nicht-sinnvoll.html
7 http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-01/cem-oezdemir-koeln-polizeieinsatz-simone-peter
8 https://www.welt.de/debatte/kommentare/article160809030/Die-Polizei-kann-es-kaum-allen-recht-machen.html
9 https://www.welt.de/politik/deutschland/article160810739/Vorwuerfe-vom-Schreibtisch-aus-sind-nicht-sinnvoll.html
10 http://www.taz.de/!5367453/
11 http://www.taz.de/!5367453/
12 https://www.welt.de/politik/deutschland/article161139307/Koelner-Polizei-korrigiert-Angaben-zur-Silvesternacht.html

Dessau, Kaltort Ranking 2017

Ort: Dessau (seit 2007 Dessau-Roßlau)
Einwohner*innenzahl: 83.000 (Stand 2015)
Selbstbezeichnung: Die Bauhausstadt im Gartenreich/ 10 Jahre Doppelstadt
Die Stadt Dessau ist seit Mitte 2007 Teil von Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt. Dank der beschaulichen Auenlandschaft und zahlreichen Schloss- und Parkanlagen zählt sich Dessau zu einer der grünsten Städte Deutschlands. Ganz besonders stolz ist Dessau auf seine Bauhaus Architektur. Doch wie bei so vielen anderen mittelgroßen Städten in Kaltland schafft es die grüne und architektonisch ansprechende Fassade der Stadt nicht die bittere rassistische Realität zu verdecken. Es gibt mehrere Gründe für Dessaus Kandidatur als „Kaltort des Jahres 2017“, insbesondere durch die Justizskandale in der Polizeidirektion Ost:
Die Stadt Dessau hat eine lange Geschichte rassistischer Gewalt vorzuweisen. In der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 2000 wurde Alberto Adriano von drei betrunkenen Nazis im Dessauer Stadtpark zusammengeschlagen. Er ist drei Tage später an seinen Verletzungen gestorben. Am 11. Mai 2016 wurde die chinesische Studentin Yangjie vergewaltigt und ermordet. Sebastian F. und seine Verlobte Xenia I. stellten sich am 23. Mai und bestritten jegliche Verwicklung in eine Gewalttat. Gegen Sebastian F. waren bereits weitere Strafverfahren anhängig, u.a. wegen zwei weiteren Vergewaltigungsfällen.1 Bis zu seiner Festnahme telefonierte er mehrmals mit seiner Mutter Ramona S., Polizeibeamtin bei der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost. Sie arbeitete in der betreffenden Ermittlungsgruppe „Anhalt“ mit. Sein Stiefvater ist seit November 2012 Chef des Dessauer Polizeireviers. Es besteht der Verdacht, dass beide beim Verwischen von Spuren am Tatort geholfen oder Zeug*innenaussagen manipuliert haben könnten, bevor der Haftbefehl gegen Sebastian F. erlassen wurde.2 Ramona und Jörg S. halfen dem Paar u.a. beim Umzug aus ihrer Wohnung, die in direkter Nähe des Tatorts und Fundorts der Leiche liegt.3 In dieser Konstellation wurden auch über die zuständige Staatsanwaltschaft u.a. offensichtlich falsche Darstellungen des Täters im Sinne eines „einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs“ verbreitet.4 Trotz aller Hinweise auf Vertuschung, Verschleppung und Behinderung der Justiz wurde der Verdacht wegen Strafvereitelung im Amt gegen die Eltern des Verdächtigen nicht bestätigt. Einen Tag nach der Trauerfeier für Yangjie Li eröffneten Ramona und Jörg S. am 03.06.2016 „in aller Fröhlichkeit“ ein Gartenlokal während sie zu diesem Zeitpunkt krankgeschrieben waren.5 Sebastian F. wurde am 7. August 2017 wegen Vergewaltigung und Mord zu lebenslanger Haft und Xenia I. wegen sexueller Nötigung zu 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt:6 der Mann als treibende Kraft, die Frau als Mitläuferin, keine Konsequenzen aus den Skandalen in der Polizeidirektion Ost.
Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 in einer Gewahrsamszelle des Polizeireviers Dessau an Händen und Füßen auf einer schwer entflammbaren Matratze fixiert und verbrannte wenige Stunden später.. Nach dem jahrelangen Kampf gegen ebendiese Justiz- und Polizeibehörden gab es 2017 neue Entwicklungen im Fall. Untersuchungen verschiedener Sachverständiger, die durch die Initiative In Gedenken an Oury Jalloh beauftragt wurde, kommen zu dem Ergebnis, dass „ein Tod durch Fremdeinwirkung wahrscheinlicher sei, als die lange von den Ermittlungsbehörden verfolgte These der Selbstanzündung“.7 Die anhaltende Verschleppung und Verhinderung der Ermittlungen seitens der Justiz hält an: Nachdem schon am 14.04.2017 mehr als 12 Jahre nach Jallohs Tod durch die zuständigen Staatsanwält*innen in Dessau erstmals ein Ermittlungsverfahren gegen konkrete Polizeibeamte wegen Mordes eröffnet wurde,8 und die Argumentation der Initiative In Gedenken an Oury Jalloh bestätigte, entzog der Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad ihr daraufhin Ende Mai die Ermittlungen. Es übernahm die Staatsanwaltschaft Halle, die die Ermittlungen drei Monate später einstellte, „weil das am 07.12.2012 von Amts wegen eingeleitete Verfahren keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung Dritter an der Brandlegung ergeben hat und eine weitere Aufklärung nicht zu erwarten ist.“9
Auch der Generalbundesanwalt, der seine Zuständigkeit seinerseits schon einmal im Februar 2014 verweigerte, begründete im April 2017 seine Entscheidung damit, dass „die den Beschuldigten zur Last gelegten Taten nicht ‚ausreichen’ würden um eine Zuständigkeit der Bundesjustiz zu rechtfertigen“10 11Im Dessauer Polizeirevier verstarben außerdem Hans-Jürgen Rose 1997 nach Misshandlungen und Mario Bichtemann, der in der gleichen Zelle wie Oury Jalloh an einer inneren Blutung nach einem Schädelbasisbruch im Jahr 2002 starb, eindeutige Hinweise auf „strukturelle Fehlentwicklungen“ und die „Bereitschaft zur Begehung schwerster Straftaten“ durch die Dessauer Polizei. Inzwischen hat das Justizministerium Sachsen-Anhalts die Ermittlungen an die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg übertragen, weil die Todesumstände durch die Staatsanwaltschaften Halle und Dessau-Roßlau unterschiedlich bewertet wurden.12 Für Justiz und Mehrheitsgesellschaft scheint das Mordmotiv Rassismus in Dessau undenkbar und der Schutz der eigenen Behörden vorrangig. Am 07.12.2017 stellte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh Strafanzeige wegen Mordes im Fall Oury Jalloh.13 In Dessau zeigt sich die in #Kaltland aller Orten verbreitete Unsichtbarkeit und Straflosigkeit rassistischer Morde und Gewalttaten in einer absurden Deutlichkeit.
Sollte Dessau „Kaltort 2017“ werden, könnte der Preis gleich persönlich übergeben werden: Am 07.01.2018 findet in Gedenken zum 13. Todestag Oury Jallohs wieder eine Demo in Dessau statt.
1 http://www.spiegel.de/panorama/justiz/dessau-revision-in-mord-prozess-staatsanwaltschaft-ficht-urteil-an-a-1161858.html
2 http://www.zeit.de/2016/24/mord-yangjie-li-dessau-polizei
3 https://www.mz-web.de/dessau-rosslau/kommentar-dessau–das-desaster-der-ermittler-24124244
4 http://www.zeit.de/2016/24/mord-yangjie-li-dessau-polizei
5 http://www.sueddeutsche.de/panorama/prozess-in-dessau-familienabgruende-1.3528206
6 Mitteldeutsche Zeitung: Mordfall Yangjie Li Urteil: Lebenslang für Sebastian F., 5,5 Jahre Haft für Xenia I.
7 http://www.ardmediathek.de/tv/Monitor/Der-Fall-Oury-Jalloh-Justizskandal-ohne/Das-Erste/Video?bcastId=438224&documentId=47992942
8 https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/category/de-hintergrund/
9 https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/category/de-hintergrund/
10 https://initiativeouryjalloh.files.wordpress.com/2017/12/pm-7-12-2017-anzeige-gba5.pdf
11 http://martinarenner.de/fileadmin/MartinaRenner/PDF/SF119_GBA_OuryJalloh.pdf
12 http://www.tagesschau.de/inland/oury-jalloh-generalstaatsanwaltschaft-101.html
13 https://initiativeouryjalloh.files.wordpress.com/2017/12/pm-7-12-2017-anzeige-gba5.pdf

Anklam, Kaltort-Ranking 2017

Kaltort-Ranking2017: Anklam
Einwohner_innen: 12.712 Einwohner_innen
Selbstbezeichnung: Das Tor zur Sonneninsel Usedom, Geburtsstadt des Flugpioniers Otto Lilienthal Motto: „Ich flieg auf Anklam“
Anklam liegt in Ostvorpommern und hat alles zu bieten, was eine Stadt in einer der strukturschwächsten Regionen Deutschlands ausmacht: hohe Arbeitslosigkeit, massive Bevölkerungsabwanderung, Perspektivlosigkeit und haarsträubende Wahlergebnisse.
Bei der Landtagswahl 2016 hängte die AfD mühelos alle weiteren Parteien ab. Ihr Kandidat Dr. Matthias Manthei erhielt mehr als 30 Prozent der Wählerstimmen. Zur Bundestagswahl 2017 erwies sich die AfD in der Hansestadt, mit über 20 Prozent, als zweitstärkste Kraft. Nur einen Tag später kehrte Manthei seiner Partei den Rücken. Die AfD sei ein Sammelbecken für Radikale geworden und in der Partei hätten sich zahlreiche frustrierte Menschen versammelt, die voller Hass gegen Andersdenkende sind, so seine Begründung. Man ersetze AfD durch Anklam und könnte es kaum treffender formulieren.
Auch die NPD ist in Anklam nach wie vor etabliert und fest im Stadtbild verankert. Ihr ehemaliger Landtagsabgeordneter, der Rechtsanwalt Michael Andrejewski, lädt jeden Montag zur Sozialberatung in das „Nationale Bildungs- und Begegnungszentrum“ in der Pasewalker Straße. Hier hat es sich die NPD seit 2007 in einem ehemaligen Möbelhaus gemütlich gemacht, welches Andrejewski und Tino Müller, ebenfalls NPD-Mann und Kameradschaftsaktivist, bei einer Zwangsversteigerung erwarben. Desweiteren ist das Gelände einer ehemaligen Großbäckerei in rechtsextremem Besitz. Dort ist neben einem NPD-Büro auch der rechtsextreme Verlag „Pommerscher Buchdienst“ und die „Pommersche Volksbibliothek“ eingerichtet. Fünf Gehminuten vom Anklamer Rathaus entfernt liegt das „New Dawn“, ein Fachgeschäft für einschlägige Klamotten, CD‘s und Printmedien.
Seit Jahren unterwandert die NPD die Zivilgesellschaft und macht sich die Versäumnisse der anderen Parteien zunutze. Sie veranstalten kostenlose Grill- und Kinderfeste. Es ist keine Seltenheit, dass bei Stadtfesten Akteure der rechten Szene als Security arbeiten. Rechtsextreme Szene und bürgerliches Leben sind in Anklam fest miteinander verflochten. Jeder Stadtbewohner findet regelmäßig den „Anklamer Boten“ in seinem Briefkasten – ein vermeintlich unabhängiges Mitteilungsblatt, welches Andrejewski herausgibt.
Anklam fällt außerdem durch eine starke Kameradschaftsszene auf, in der bis zu 60 Personen autonom agieren. Der Kameradschaftsbund Anklam (KAB) entstand im direkten Umfeld von „Blood & Honour“ und ist eine der ältesten Kameradschaften im Nordosten. Er zählt zum Netzwerk der Hammerskin Nation.
Doch auch in Anklam gibt es einen Lichtblick: Im Jahre 2014 wurde der Demokratiebahnhof ins Leben gerufen. Das Jugend- und Kulturzentrum wird ehrenamtlich organisiert und hat sich auf die Fahne geschrieben, zur Entwicklung einer lebendigen Zivilgesellschaft beizutragen. In dem ehemaligen Bahnhofsgebäude finden regelmäßig Vorträge, Diskussionsrunden, Film- und Musikabende statt. Seit seiner Gründung muss sich der Demokratiebahnhof leider ebenso regelmäßig gegen rechte Anfeindungen und Angriffe wehren. Im vergangenen Juni kam es beispielsweise zu einem nächtlichen Anschlag, bei dem Farbbomben und Molotowcocktails flogen. Zu diesem Zeitpunkt übernachteten 7 Pfadfinder in dem Hausprojekt und nur durch ihr beherztes Einschreiten konnten schlimmere Folgeschäden verhindert werden.
Ihr seht: Anklam ist heiß auf den Titel #Kaltort2017!

Hamburg, Kaltort-Ranking 2017

#Kaltort-Ranking 2017: Hamburg
Im letzten Jahr schaffte es Hamburg bereits nicht wegen rassistischer Gewalt (gibt es dort auch) oder Brandanschlägen auf Geflüchteten-Unterkünfte (gibt es dort leider auch) ins Kaltort-Ranking, sondern aufgrund des besonderen Nadelstreifenrassismus. Gleich in mehreren Vierteln verhinderten besserverdienende Anwohner_innen per Anwalt Geflüchteten-Unterkünfte in ihrer Nachbar_innenschaft und ein Zusammenschluss von Bürger-Initiativen erreichte eine Obergrenze für die Aufnahme von Geflüchteten im Stadtstaat, sowie eine maximale Beleggröße von Unterkünften – im Interesse der Geflüchteten natürlich.
Trotz punktueller Hetzkampagnen zum Beispiel gegen schwarze Drogenverkäufer im Hafen hatte sich Rassismus bisher nicht als Kitt für die völkische Vergemeinschaftung in der Hansestadt geeignet. Weil die Mehrheit noch auf den reibungslosen Ablauf der bürokratischen Bekämpfung von Migrant_innen durch die Bundesbehörden vertraut, wäre ein arbeitsteiliges Bündnis mit Neo-Nazis, wie andernorts erprobt, eher störend für das, dank staatlicher Verwaltung des rassistischen Ausschlusses, reine Selbstbild. Die gemeinschaftsstiftende Abgrenzung, die das rassistische Ticket nicht zu leisten vermochte, ermöglichte in diesem Jahr ein anderes Feindbild: Demonstrant_innen und ‚linke Chaoten‘. Im Nachklapp des G20-Gipfels formierte sich ein antikommunistisches Ressentiment im Bündnis von Senat, konservativer Opposition, Rechten und aufgebrachten Bürger_innen, was weit über die Stadtgrenzen hinaus strahlte. Dabei zeigte die lokale Bevölkerung, dass sie in Sachen autoritärer Formierung nicht länger hinter dem Rest der Republik zurück zu stehen gedachte.
In den Tagen und Wochen nach dem Gipfel wurde kein Superlativ ausgespart in der Berichterstattung von Sachschäden und Bedrohungsszenarien, die so genannte linke Krawalltourist_innen über die Stadt gebracht hätten. Anwohner_innen fabulierten vom Bürgerkrieg, den sie wegen der Protestierenden durchzustehen hatten und eine Anwohnerin verstieg sich gar zu der Behauptung, die Ausschreitungen seien „wie Holocaust“ gewesen. Die ganze Stadt fieberte aufgeputscht bei den sich übertrumpfenden Katastrophen-Erzählungen mit und landesweit fühlte man sich auf dem Fernseh-Sofa persönlich betroffen von Flaschenwürfen und brennenden Autos. Wochenlang war die lokale Journaille gefüllt mit Artikeln und Leser_innenbriefen, in denen auf hysterische Empörung über die Geschehnisse unmittelbar Forderungen nach einem harten Durchgreifen gegen vermeintliche Täter_innen und linke Strukturen folgten, wobei sich nicht mit lästigen rechtsstaatlichen Grundsätzen aufgehalten wurde. Im Internet überschlugen sich die Gewaltfantasien gegenüber Demonstrant_innen und so manches Video, das Übergriffe durch Polizist_innen dokumentieren sollte, provozierte mehr Beifall als Entsetzen. Als eine namhafte Zeitung öffentlich dazu aufrief für verletzte Polizist_innen zu spenden und ein Benefiz-Konzert in der Elbphilharmonie initiierte, brach eine Solidaritätswelle los, die unzählige weitere Unternehmen – städtische wie private – dazu veranlasste Sonderrabatte für Polizeibeamt_innen anzukündigen. Drollig lächelnde Kinder wie rotbäckige Erwachsene überkam spontan der tiefe Wunsch sich bei ‚ihren‘ Streifenpolizist_innen für deren tolle Arbeit zu bedanken, nicht ohne einen Schnappschuss für die lokale Tageszeitung selbstverständlich.
In dieser aufgeheizten Stimmung verkündete Bürgermeister Olaf Scholz kategorisch, es habe keine Polizeigewalt gegeben und echauffierte sich anschließend sogar über die bloße Verwendung des Wortes, das er als linken Kampfbegriff diskreditierte. Zugleich sicherte er den durch die Krawalle geschädigten Geschäften schnelle und unbürokratische Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe zu; eine Zuwendung, um welche die Angehörigen der NSU-Mordopfer jahrelang kämpfen mussten. Während Scholz die traumatischen Gewalterlebnisse tausender Demonstrant_innen und zahlreiche Grundrechtsbrüche durch die Staatsgewalt unter medialem Zuspruch weg dekretierte, machten sich einige Hamburger_innen spontan daran die Spuren des Protests selbst zu entsorgen und eigenhändig wieder Ordnung in der Stadt herzustellen. Mehr als Tausend versammelten sich noch am selben Wochenende, um bewaffnet mit Kehrblech und Putzschwamm medienwirksam die Straßen um die Rote Flora zu schrubben, wo noch die Fugen im Kopfsteinpflaster mit Zahnbürsten bearbeitet wurden, obgleich die Stadtreinigung bereits im Morgengrauen ihren Dienst getan hatte.
Diese Inszenierung wurde zum Gründungsmythos eines gemeinsamen Selbstverständnisses, demnach man geschlossen dem ‚linken Terror‘ trotzen würde. Es folgte ein Choral an Beteuerungen, Deutschland dürfe nicht blind auf dem linken Auge sein und die Rückzugsorte der linken Szene müssten geschlossen werden – in Hamburg, Berlin und ganz Deutschland. Abseits der markigen Worte, entlädt sich der Volkszorn jedoch bisher vor allem an denjenigen, denen seither der Prozess gemacht wird. Nach eigenmächtigen Fahndungsaufrufen mit unscharfen Bildern von Überwachungskameras stellen die Lokalzeitungen nun die Angeklagten öffentlich an den Pranger und schlachten jede Verurteilung aus. Der neu geschaffenen Straftatbestand des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte kommt regelmäßig zum Einsatz und willfährige Richter_innen bewiesen gleich zu Beginn der Prozesse die Bereitschaft mit drakonischen Strafen dem Volksempfinden zu entsprechen. Ein junger Italiener beispielsweise saß über vier Monate in Untersuchungshaft, obwohl nicht einmal die Staatsanwaltschaft ihm eine konkrete Gewalttat zur Last legt, sondern bloß die Teilnahme an einer unangemeldeten Demonstration. In diesem wie auch in anderen Fällen, wird dabei von einem Passus des Jugendstrafrechts Gebrauch gemacht, der im Nationalsozialismus eingeführt wurde und eine Strafverschärfung vorsieht, wenn dem_der Jugendlichen eine ’schädliche Neigung‘ attestiert wird.
Im Rausch der Ereiferung über die vermeintlichen linken Randalierer_innen und die öffentlich zelebrierte Identifikation mit der Staatsgewalt wurden die autoritären Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, sowie die massive Gewalt durch die Polizei nicht nur hingenommen sondern mit breiter Zustimmung geadelt. Wie schnell sich durch solche Ereignisse die Grenzen das Machbaren verschieben, zeigt sich an der Bereitschaft quasi militärisch ausgerüstete SEK-Einheiten im Zuge von Protestgeschehen einzusetzen. Wurde der erste Einsatz beim G20-Gipfel noch mit der Angst um Leib und Leben von Polizist_innen gerechtfertigt, so diente das SEK am Folgetag schon nur noch der präventiven Einschüchterung der versammelten Massen. Zwei Monate später dann, begrüßte eine solche Einheit eine 400 Personen große Antifa-Demo in der sächsischen Provinz mit Maschinenpistolen.
 
Hamburg war bereits im Kaltort-Ranking 2017 nominiert, den Text findet ihr hier. Neben Informationen über die leise & effiziente Arbeit der rassistischen Bürgerinitiativen gaben wir damals folgende Vorausschau: „Idyllische Einblicke in das Hamburger Innenleben bieten sich immer wieder, absehbar insbesondere im nächsten Jahr, wenn Schills Polizeikader Dudde hauptverantwortlich den G20-Protest zusammenknüppeln lassen darf.

Freital, Kaltort Ranking 2017

Ort: Freital
Bevölkerung: 39.734 Einwohner*innen
Selbstbezeichnung: Große Kreisstadt Freital, leider damals nicht Deupodö-Stadt, Stadt in der “Erlebnis-Region Dresden”
“Wie wollen wir gemeinsam in Freital leben? Unter diesem Titel lädt Oberbürgermeister Uwe Rumberg im Namen des Stadtrates zum Bürgerdialog ins Stadtkulturhaus ein. Wohl kein anderes Thema beschäftigte die Stadt und ihre Bürger im letzten Jahr so, wie das Thema Flüchtlinge.”[1]
So formuliert die Große Kreisstadt Freital in ihrem Jahresrückblick das Thema, das sie 2016 beherrscht hat. Erwartungsgemäß findet sich sonst kein Wort (von Eröffnung und Schließung der Geflüchtetenunterkunft abgesehen) dazu, stattdessen wird von gemeinschaftlichen Highlights wie dem “Vierten Freitaler Trabant Tagestreffen” berichtet, zudem werden lauter als “interkulturell” oder „international“ ausgezeichnete Festivitäten angeprisen und so einige Gründe aufgelistet, anlässlich derer Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) Kränze für die Menschen, “die im Krieg und durch Gewaltherrschaft starben” niederlegte.  Von den rassistischen Protesten gegen die Geflüchtetenunterkunft im Hotel Leonardo und der daraus entstandenen Naziterrorgruppe, die mit Anschlägen gegen Geflüchtete, einen Stadtrat der Linken und ein alternatives Hausprojekt den Namen Freital prägte, ist selbstredend kein Wort zu finden.[3]
Das passt zur aktuellen Gefühlslage in der Erlebnis-Region: Dort werden die Angriffe zu Lausbuben-Streichen verklärt, über Worte wie „Polenböller“ die Sprengsätze abgewertet und die Verhandlung als „Schauprozess“ delegitimiert.[2] Dass die Anklage auch auf versuchten Mord lautet, kratzt nicht am guten Image der aktiv gewordenen, besorgten Bürger*innen aus Freital. Sie agierten vor einer größtenteils gleichgültigen bis unterstützenden Mehrheit, die bspw. von Michael Richter, einem der Opfer der Gruppe Freital angesprochen wurde, als er bekannt gab, die Stadt wegen ihr zu verlassen. Auch die Ergebnisse der Bundestagswahl sprechen eine deutliche Sprache: Dort schnitt die AfD mit 34,9% als stärkste Partei noch vor der CDU (25,7%) ab. Dabei zeigte sich deren amtierender Oberbürgermeister als rechter Hardliner, schimpfte bspw. in Pegida-Slang über „Glücksritter, die nach Deutschland kommen, um auf Kosten der Gemeinschaft ein sorgloses Leben ohne Gegenleistung zu führen“, forderte Grenzen der Willkommenskultur.[4]
Ein Mann der markigen Worte also, der aber auch die zweite Disziplin als Bürgermeister eines rassistisch dominierten Kaffs gewohnt meistert: das Relativieren der Allgegenwart und Macht der Naziszene: „Wenn ich sage: 40.000 Einwohner hat die Stadt, und es ist eine Handvoll vielleicht, die das Treiben hier verrückt machen. Das darf man nicht schönreden und da darf man auch nicht weggucken, aber man sollte es auch nicht überbewerten.“[2] Eine echte Naziszene gäbe es in Freital schon einmal nicht, lässt er weitergehend in einem weiteren Interview wissen.[5] Woher die rassistischen Graffiti in der Stadt kommen, die der Journalist ebenfalls anspricht, bleibt dann unkommentiert. Wichtig dagegen ist Rumberg deren Entfernung, damit die Stadt „auch optisch das ausstrahlt, was sie verdient“. Meint: keine Graffiti, die Investitionen gefährden könnten.
Dafür sorgt das integrative Projekt „Deutsch ++ – Deutschunterricht und gemeinnützige Arbeit für Asylbewerber und Flüchtlinge“, bei dem diejenigen, die von den Parolen auf Freitals Wänden direkt angesprochen wurden, sie für 1,5€/Stunde entfernen „konnten“ und dabei laut twitter erwartungsgemäß rassistisch bepöbelt wurden.[7] Wieder so ein Projekt, das im Jahresrückblick keine Erwähnung findet.
In Freital ist die völkische Vergemeinschaftung schon weit fortgeschritten. Selbst nachdem sich unter aller Augen Freitaler*innen organisierten, um Geflüchtete und Linke umzubringen (unter anderem wurde gegen Freitaler Cops ermittelt, Freund*innen und Nachbar*innen lagerten beispielsweise Sprengsätze, die später bei Anschlägen eingesetzt wurden), gibt es keinen Bruch, sondern Relativierung. So stellte sich die CDU gemeinsam mit den Fraktionen von AFD und Freien Wählern gegen die Ergebnisse der „Regierungsstudie zum Thema Rechtsextremismus in Ostdeutschland“ gegen „die Brandmarkung unserer Stadt, unserer Region und der hier lebenden Menschen“.[8] Dabei nehmen sie auch gleich das durch rassistische Ausschreitungen bekannt gewordene Heidenau mit in Schutz. Derart um ihr Image bemüht, schreien die Freitaler*innen eigentlich um den Kaltort-Pokal 2017 oder andere Aktionen, die geeignet sind, den dort tatsächlich herrschenden Charakter herauszustellen und zu kritisieren.
[1]: Der Jahresrückblick der Stadt Freital: http://freital.de/media/custom/530_7973_1.PDF?1486455705
[2]: Panorama: „Lausbuben“: Wie man in Freital Terroristen verharmlost. https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/Lausbuben-Wie-man-in-Freital-Terroristen-verharmlost,freital112.html
[3]: Stattdessen findet ihr zur Verbindung von Gruppe Freital, Stadtbevölkerung und Polizei so einige Worte bei deutschland demobilisieren: Gruppe Freital – Der „Nationalsozialistische Vordergrund“ von der Tankstelle: https://deutschlanddemobilisieren.wordpress.com/2017/03/08/gruppe-freital-der-nationalsozialistische-vordergrund-von-der-aral-tankstelle/
[4]: Freital, Bundestagswahl 2017: https://www.statistik.sachsen.de/wpr_neu/pkg_s10_erg_lw.prc_erg_lw?p_bz_bzid=BW17&p_ebene=GE&p_ort=14628110
[5]: „Das grenzt an Verleumdung“. Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) über „Laut gegen Nazis“, Freitals Image und Pläne für eine Bürgerversammlung: http://www.sz-online.de/nachrichten/das-grenzt-an-verleumdung-3385595.html
[7]: Das ist „Deutsch ++“: Geflüchtete dürfen Nazisprühereien in Freital entfernen: http://sprachlos-blog.de/das-ist-deutsch-gefluechtete-duerfen-nazispruehereien-in-freital-entfernen/
[8]: CDU und AfD paktieren in Freital gegen Rechtsextremismus-Studie: http://www.tagesspiegel.de/politik/sachsen-cdu-und-afd-paktieren-in-freital-gegen-rechtsextremismus-studie/19879844.html

Nürnberg, Kaltort-Ranking 2017

Ort: Nürnberg
Bevölkerung: 509.975 Einwohner*innen
Selbstbezeichnungen: Noris, „Stadt des Friedens und der Menschenrechte“, Stadt des weltberühmten Nürnberger Christkindlesmarkts, Albrecht-Dürer-Stadt
Nominiert, weil:
Alte Kälte rostet nicht. Nürnberg, von Hitler zur „deutschesten aller deutschen Städte“ gekürt, nahm im Verlauf der nationalsozialistischen Massenvernichtung eine besondere Stellung ein. In der Stadt, die die Kulisse für die Reichsparteitage darstellte, wurde im September 1935 das „Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ entworfen, die sogenannten Nürnberger Rassengesetze. Doch nicht nur rechtlich wurde in Nürnberg der Massenmord an Juden sowie Sinti und Roma vorbereitet, es war auch die Stadt des Gauleiters Julius Streicher, der mit dem Stürmer wie kein Anderer den unmittelbaren Hass auf Juden schürte. In Nürnberg trafen sich zwei Elemente, die die Vernichtung ermöglichten: Der rechtliche Ausschluss aus dem Kreis der Staatsbürger erlaubte das Morden, der unmittelbare Hass auf die Feinde des deutschen Volkes ließ die Mörder morden.
Mit dem Wiederaufbau der Nürnberger Altstadt, die zu 90 Prozent zerstört worden war, bekam die postnazistische Stadtgesellschaft die Kulisse zurück, um wieder ungestört Bratwurst, Lebkuchen und Glühwein zelebrieren zu können. Von der Sebalduskirche blickt wie eh und je die Judensau-Plastik auf das Bratwursthäusle und am Hauptmarkt, dem Schauplatz mittelalterlicher Pogrome und späteren Adolf-Hitler-Platz, findet alljährlich in der Weihnachtszeit der Christkindlesmarkt statt – dort wo er 1933 platziert wurde. Innerhalb der Stadtmauer wird ausschließlich den deutschen Vertriebenen gedacht, ein Gedenkort für die ermordeten Jüdinnen und Juden existiert in ganz Nürnberg nicht. Die Opfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ wurden ebenfalls vor die Tore der Stadt verwiesen. Das „NSU-Mahnmal“ ist eine Verlängerung der Straße der Menschenrechte, einer großflächigen Außenskulptur vor dem Germanischen Nationalmuseum. Der Erinnerungsort, der von der Türkischen Gemeinde in der Metropolregion Nürnberg bei der Einweihung als „museale Lösung“ kritisiert wurde, steht für das neue Nürnberger Selbstbild: Die nationalsozialistische Vergangenheit wurde in einem kommunalen Kraftakt seit Ende der 1980er-Jahre museal und ideologisch so aufgearbeitet, dass sich der Beiname „Stadt des Friedens und der Menschenrechte“ gegeben wurde. Dass diese Auseinandersetzung nur eine avanciertere Form des Schlussstrichs darstellt, zeigt sich im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände, wo erklärt wird, wie die Massen getäuscht wurden, aber nicht warum massenhaft mitgemacht und geschwiegen wurde. Im Memorium Nürnberger Prozesse sorgt der Mythos der Stunde Null dafür, dass während von Weltgeschichte gesprochen, das Fortleben des Nationalsozialismus im postnazistischen Deutschland vergessen wird. Die Leichtfertigkeit, mit der der Erinnerungsort für die Mordopfer des NSU in die kommunale Erinnerungslandschaft integriert wurde, drückt sich exemplarisch darin aus, dass bei İsmail Yaşar das falsche Todesdatum eingraviert wurde. Ein kontinuierliches Gedenken an Enver Şimşek, İsmail Yaşar, Abdurrahim Özüdoğru wird weitgehend der Zivilgesellschaft überlassen, der erste Bombenanschlag des NSU in der Gaststätte „Sonnenschein“ am 23. Juni 1999 komplett ignoriert. Die Vernachlässigung der Tatorte zeigte der Schriftzug „NSU lebt“, der 2016 monatelang an einer Wand in unmittelbarer Tatortnähe prangte. In der Aussage selbst würde maximal eine neonazistische Provokation gesehen werden, die aber nichts mit der gesellschaftliche Realität zu tun hat. In der Stadt der NSU-Morde, wo das Unwort „Döner-Morde“ erfunden wurde und Sonderkommissionen mit so bezeichnenden Namen wie „Bosporus“ und „Halbmond“ ermittelten, wird der Fortbestand der Bedingungen, die den NSU ermöglichten, nicht gesehen. Unter Ignoranz der engen Verbindungen zwischen fränkischer und sächsischer Neonaziszene ist die regionale Unterstützung des rechten Terrors ein Nischenthema. Ossis haben getan, was Ossis tun müssen – und das alleine und aus dem Nichts. Auch angesichts zahlreicher rechter Aufmärsche zeigte die sozialdemokratische Stadtspitze in den letzten Jahren wenig Bereitschaft, ihr traditionelles Paradigma der aktiven Ignoranz aufzugeben. Die Verbindung eines Redners von Pegida Nürnberg zum „Reichsbürger“ Wolfgang P. , der unweit von Nürnberg einen Polizisten ermordete und zwei weitere verletzte, verdeutlicht die Gefahr, die noch von der traurigsten rechten Ansammlung ausgeht. Gemeinsamkeiten zwischen den Vollstrecker*innen des Volkswillens und der Mehrheitsgesellschaft werden ohnehin nicht gesehen: Als die Städte Nürnberg und München als Konsequenz aus den fünf NSU-Morden in Bayern 2015 erstmals den Mosaik Jugendpreis verliehen, bemühte der Nürnberger Bürgermeister in seiner Laudatio ein Beispiel aus Russland, um Rassismus zu problematisieren.
FAZIT:
Sicherlich gibt es Ortschaften in Deutschland, an denen die Kälte unmittelbarer zu spüren ist als in Nürnberg. Seit Ende der 1980er-Jahre spielt die Noris mit Erfolg um die Deutsche Aufarbeitungsmeisterschaft mit. Wenn in Deutschland von Verantwortung und gelernten Lektionen gesprochen wird, ist jedoch größte Vorsicht geboten. Noch ein lokales Beispiel gefällig? Im November fand im Germanischen Nationalmuseum unter Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters eine öffentliche Anhörung statt, die versprach, folgende Frage zu beantworten: „Wer hat den Terror weltweit ausgelöst?“ Angeklagt waren ausschließlich ehemalige US-amerikanische Regierungsberater*innen, inhaltliche Unterstützung kam von Personen, die keine Distanz zur BDS-Bewegung haben. Gegen das Frösteln, das Menschrechtsprojekte dieser Art auslösen, hilft kein Glühwein.
Abgestimmt wird auf Facebook, wir haben dort ein Event eingerichtet, in dem auch alle Texte nachgelesen werden können. Ihr findet es hier

Wurzen, Kaltort-Ranking 2017

Ort: Wurzen
Einwohner*innenzahl: 16.992 Menschen (Stand: 2008)
Selbstbezeichnung: Stadt der Erdnussflips/Ringelnatzstadt/Hamburg 2.0
Die Stadt Wurzen liegt versteckt im Umland der einzigen sächsischen Großstadt Leipzig. Das braune Herz des Muldentals hat eine lange Tradition von authentischer Gastfeindschaft und extremer Tristesse. Wurzen ist seit Jahren eine Hochburg rassistischer Bewegungen und organisierter Nazistrukturen und war bereits in den 1990er Jahren bekannt als eine sog. No-Go Area. Auch in diesem Jahr hat die Stadt dahingehend ihrem Namen wieder einmal alle Ehre gemacht. Schon in der Nacht zum 15. Januar 2017 wurde eine Wohnung von Geflüchteten in Wurzen angegriffen, es wurden Fenster eingeschlagen, Pyrotechnik und ein Verkehrsschild in die Räume geworfen. Die örtliche Polizei traf erst ein, als der Angriff auch durch zwei mehrheitsdeutsche Anwohner*innen gemeldet wurde. In der Nacht vorher wurde dieselbe Wohnung bereits angegriffen und es wurden rassistische Parolen gerufen. Im Juni 2017 rotteten sich 60 Personen zusammen und versuchten eine Wohnung von Geflüchteten zu stürmen. Das sind zwei Beispiele zahlreicher Angriffe aus den letzten Jahren. Wie krass diese Bedrohung ist verdeutlicht der Fakt, dass Geflüchtete als Reaktion darauf nicht mehr in Erdgeschosswohnungen untergebracht werden. Zuletzt wurden in der Nacht zum 14.12. die Scheiben der Wohnung eines Geflüchteten mit Pflastersteinen eingeschlagen. Die Täter hinterließen außerdem antisemitische Aufkleber mit Fussballbezug am Tatort, weshalb die Vermutung nahe liegt, dass es sich hierbei um Nazi aus dem Spektrum von Lok Leipzig handelte.
Doch es ist nicht alles braun in Wurzen. Neben den gelblich glänzenden Erdnussflips gab es in diesem Jahr einen weiteren kurzen Lichtblick innerhalb des völkischen Normalzustands. Anlässlich des „Tag der Sachsen“, dem größten sächsischen Volksfest, das an seiner Widerwärtigkeit kaum zu überbieten ist und zeitgleich im Kaff Löbau stattfand, fanden sich am 02.09.2017 einige hundert Antifaschist*innen zu einem get together in der Muldenstadt zusammen – zum Schrecken eines Großteils der örtlichen Bevölkerung. Entgegen der Erwartungen der Antifas, vor Ort kostenlos mit Erdnussflips verkostet zu werden, stand am Wurzener Bahnhof eine bedrohliche Kulisse aus fünf Wasserwerfern und einem Sondereinsatzkommando (SEK) der Polizei bereit. Ein SEK Beamter zeigte sich im passenden Outfit – an seiner Uniform trug er ein Patch mit einem heidnischen Symbol, das sich in Nazikreisen großer Beliebtheit erfreut und bei einem örtlich ansässigen Naziversand erhältlich ist. Die Angst der lokalen Bevölkerung war überall zu spüren – „Einige Hausbesitzer verbarrikadierten sich mit heruntergelassenen Rolladen, andere schraubten Schutzwände aus Holz vor ihre Fensterscheiben.“ (Leipziger Volkszeitung) Entgegen der medialen Prophezeiung von einem Hamburg 2.0 in Wurzen wurde es jedoch kein linkes Krawallfest, sondern ein Schaulaufen der lokalen Nazi-, Hool-, Rassist*innen- und Bratwurst-Szene, die ein Spalier um die Demonstration bildeten. Sogar ein NS-Clown hatte sich an der Demostrecke eingefunden, dessen Bild es bis in die NY Times geschafft hat und somit der Stadt zu weiterer Bekanntheit verholfen hat.
Die Liste der Ereignisse zeigt – verdeckt im Dunst des Knabbergebäcks weisen die Stadt Wurzen und ihre Bewohner*innen spätestens seit den 1990er Jahren eine lange Tradition rassistischer und nazistischer Gewalt auf, an die auch in diesem Jahr angeknüpft wurde. Den Titel „Kaltort des Jahres 2017“ hat die sächsische Perle also mehr als verdient.
 
Abgestimmt wird auf Facebook, wir haben dort ein Event eingerichtet, in dem auch alle Texte nachgelesen werden können. Ihr findet es hier

Kaltort Ranking 2017: Ein Rückblick auf ein weiteres Jahr völkische Mobilisierung

Kaltort-Ranking 2017
Wählt mit uns den elendsten Mistort des Landes + Ziel: Aufmerksamkeit für die anhaltende Gegenwärtigkeit der völkischen Mobilisierung + Mitmachen, teilen, prämieren & abstrafen!
Nachdem die letzten Jahre sowohl hinsichtlich der schieren Zahl von Angriffen, als auch mit verschiedensten Kämpfen zur Verhinderung von Geflüchtetenunterkünften – von über 100 Brandanschlägen bis hin zu Protestcamps auf Zufahrtswegen – beeindruckten, wirken die Ereignisse von 2017 auf den ersten Blick ruhiger. Doch die Vorjahre haben den Maßstab nur so deutlich verschoben, dass die Gewaltätigkeit der völkischen Mobilisierung heute noch häufiger unter den Tisch fällt. Dabei berichtet selbst die Polizei aktuell von „20 rechten Tötungsdelikten“ seit 2016, dabei vergessen werden mindestens die neun rassistisch-motivierten Morde vom Münchener OEZ. Mit durchschnittlich zwei Brandanschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte im Monat und gleich mehreren Übergriffen auf Menschen am Tag ist für die Betroffenen der Angriffswelle noch gar nichts ausgestanden oder abgeklungen. Gerade letzte Woche wurde wieder eine Wohnung von Geflüchteten in Wurzen attackiert.

Kaltland in seinen eigenen Taten

Wir wollen das Jahresende wieder nutzen, euch #Kaltland in seinen eigenen Taten vorzuführen. Das Ziel des Kaltort-Rankings ist es, anhand der Beschreibungen der Verhältnisse von verschiedenen (eben nicht nur ostdeutschen) Orten den rassistischen Konsens der Gesellschaft aufzudecken. Dabei hat die Auswahl bei Weitem keinen Anspruch auf Vollständigkeit – wie auch angesichts der Geschäftigkeit mit der die Menschenfeind_innen zu Werke gehen? – sondern ist durch regionale Abdeckung und vor allem die persönliche Abgefucktheit der Schreibenden entstanden.
Das Ranking soll dabei nicht nur zur Information der Leser*innen dienen, sondern eben auch Aufmerksamkeit auf die Orte lenken. Als Bündnis „Irgendwo in Deutschland“ organisieren wir immer wieder Demonstrationen, mit denen wir auch vor Ort auf die unerträglichen Zustände hinweisen und als sichtbare Opposition auftreten. Wir halten unsere unversöhnlichen Interventionen dabei für eine wichtige Reaktionsform in tristen Zeiten [1] und wünschen uns mehr davon. Egal in welcher Aktionsform: Mehr Druck, mehr Stress, mehr Zeichen, dass auch in diesen Jahren nicht jede Grausamkeit unwidersprochen bleibt. Erfahrungsgemäß lässt sich gerade in kleineren Ortschaften leicht Staub aufwirbeln.

Helft mit: Schafft Aufmerksamkeit für deutsche Zustände!

  • So läuft es ab: Ab dem  21. veröffentlichen wir täglich im Facebookevent und auf dem Irgendwo in Deutschland-Blog jeweils einen Text über einen Kaltort. Auch wenn es natürlich weit mehr kritikable Ortschaften gibt, werden wir insgesamt 10 dieser Orte beschreiben und euch zum Jahresende zur Abstimmung freigeben. Wenn die Laune wie letztes Jahr ist, schicken wir auch wieder einen Pokal an den Sieger. Letztes Jahr beschäftigte das zumindest das Social Media-Team der Stadt Bautzen.
    Wir setzen bei diesem Unterfangen auf eure Unterstützung: Ob in SocialMedia-Währung von Likes, Shares und Retweets oder durch Aktionen an den Orten – Rassist_innen angreifen bleibt letztendlich Handarbeit.

 
1: Einen Rückblick auf unsere Aktionsformen und die Demonstration in Wurzen haben wir im Magazin des Conne Island veröffentlicht: https://www.conne-island.de/nf/244/14.html