Pressemitteilung: Ein anderes Eisenach ist möglich

Rund 900 Teilnehmer*innen demonstrierten am Samstag gegen die rechte Hegemonie in Eisenach. Sie forderten Aufmerksamkeit für die andauernde rechte Angriffsserie, welche die zahlreichen Aufmärsche und Propagandaaktionen verschiedener rechter Fraktionen in der Stadt begleitet. Zudem wies die Demonstration auf den in breiten Teilen der lokalen Zivilgesellschaft fehlenden Widerstand gegen die rechten Übergriffe hin.
Hierzu erklärt Stefan Nowak, Sprecher des Bündnisses: “Wo Rechte Gesinnung unwidersprochen bleibt, treibt sie Wurzeln. An Orten wie Zwickau, Wurzen oder Eisenach wachsen dann die rechten Terrorgruppen heran. Hier in Eisenach wurde im letzten Jahr Geld für NSU-Terrorist André Emminger gesammelt. Das kollektive Wegsehen in der Stadt ist Dünger für die erstarkende Naziszene.”
Daher war es ein weiteres Ziel der Demonstration, denjenigen, die sich gegen den rechten Konsens in Eisenach engagieren den Rücken zu stärken. Das Bündnis freut sich, dass diese Botschaft ankam: Zahlreiche Eisenacher*innen besuchten die Demonstration, weggezogene Eisenacher*innen kamen für unsere Aktion zurück in die Stadt.
In den lokalen Medien wurde im Vorfeld der Demonstration ein Bedrohungsszenario heraufbeschworen anstatt dem Anliegen der Demonstration Raum zu geben. So titelte etwa die Bildzeitung: “Chaoten wollen Eisenach stürmen”, der Innenminister meinte, es sei an der Zeit zu gewaltlosem Protest aufzurufen, Geschäften wurde von Seiten der Stadt geraten, am Samstag nicht zu öffnen.
Bereits vor der Demonstration verurteilte das Bündnis “Irgendwo in Deutschland” dies als Panikmache und Ablenkungsmanöver. Dass Busse mit Demonstrationsteilnehmer*innen tatsächlich mit Sprengstoffspürhunden abgesucht wurden, zeigt wie weit sich die Debatte bereits von der tatsächlichen Realität in Eisenach entfernt hat.
“Die Panikmache in Eisenach hat System. Unsere Kritik an den ungestörten Naziaktivitäten vor Ort wird so zur Bedrohung, mit der sich nicht auseinandergesetzt werden muss.”
Eine von Neonazis eingerichtete Telefonhotline und eine Versammlung vor dem “Flieder Volkshaus” zeigen an, wo in der Stadt tatsächlich die Bedrohung liegt. Am Rande der Demonstration sammelten sich immer wieder pöbelnde und drohende Gruppen, die Demonstration und ihre Teilnehmer*innen wurde fast ununterbrochen abgefilmt. Bekannte Neonazi-Gewalttäter waren aus anderen Teilen Deutschlands angereist (zB. Lasse Richei aus Braunschweig). Am Bahnhof Gotha warnte ein Graffiti die anreisenden Antifaschist*innen: “Euer Zug fährt nicht nach Eisenach, euer Zug fährt nach Auschwitz”.
Die Demonstration kritisierte in einer Rede das „Flieder Volkshaus“ als zentralen Organisationspunkt der lokalen Naziszene und informierte dabei auch über die Machenschaften von Ex-NPD-Kader Patrick Wieschke (siehe bereits Aufruftext). Das Bündnis thematisierte zudem die rechte Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), der sich in Eisenach selbst enttarnte.
Das Bündnis steht weiterhin für Rückfragen zur Verfügung: buendnis@irgendwoindeutschland.org

16. März – "Die Wartburgstadt ins Wanken bringen!" Bundesweite Antifa-Demonstration in Eisenach


Die Wartburgstadt ins Wanken bringen!
Antifa in die Offensive!
Rechte Hegemonie durchbrechen!
Aufruf zur bundesweiten antifaschistischen Demonstration in Eisenach am 16.03.2019
#eisenach1603
Rechte Mobilisierung und rassistische Vorfälle, wie sie zuletzt in Chemnitz zu beobachten waren, ziehen immer wieder die öffentliche Aufmerksamkeit auf sich. In der Berichterstattung erscheinen diese als besondere Einzelfälle, die alltägliche bundesdeutsche Realität gerät oftmals aus dem Blick: Über rassistisch motivierte Angriffe sowie Überfälle auf politisch Andersdenkende legt sich der bürgerliche Konsens des Schweigens und Verharmlosens. Dies ist Alltag in vielen Orten. Irgendwo in Deutschland ist es immer unerträglich. Auch in Thüringen.
Thüringen kann nicht nur einige rechte Hotspots wie Kahla, Ballstädt und Hildburghausen aufweisen. Thüringens kommerziell erfolgreiche Rechtsrockindustrie versammelt regelmäßig mehrere tausend Besucher*innen in Orten wie Themar. In Thüringen entstand mit THÜGIDA der erfolgreichste PEGIDA-Ableger in Deutschland. Der thüringische AfD-Landesverband zeigt sich als besonders völkisch-nationalistisch…
Die Ignoranz gegenüber rechter Gewalt, wie sie sich auch in Thüringen zeigt, folgt einer langen Tradition. Die Verwobenheit von Neonazi-Strukturen mit (klein-)städtischen Gemeinwesen hat verheerende Folgen: Bewohner*innen decken rassistische Übergriffe oder befürworten sie sogar und die lokale Politik diskreditiert Widerstand gegen diese Zustände als ‚Nestbeschmutzung‘. Auch in Eisenach.
Deshalb werfen wir an diesem Ort beispielhaft ein Schlaglicht auf die Realitäten der deutschen ‚Volksgemeinschaft‘. Wir wollen aufmerksam machen auf die zahlreichen neonazistischen Gewalttaten der letzten Jahre. Und wir wollen auf eine Stadt zeigen, in der solche Übergriffe heruntergespielt und stattdessen Neonazis hofiert werden. Unser Ziel ist es, die rechte Hegemonie in Eisenach anzugreifen, die engagierten Antifaschist*innen vor Ort zu unterstützen und aufzuzeigen, was an vielen Orten in Deutschland Realität ist.
Das Bündnis Irgendwo in Deutschland ruft alle Antifaschist*innen dazu auf, am Samstag den 16.03.2019 nach Eisenach zu kommen!
Gegen die deutschen Zustände, in Eisenach und überall! Gegen die autoritäre Formierung!

Kontinuität rechter Gewalt

Seit einigen Jahren ist in Eisenach ein deutlicher Anstieg an rassistisch und neonazistisch motivierten Übergriffen und Taten zu verzeichnen. So griffen im Frühjahr 2017 zehn bewaffnete Neonazis eine Lesung mit einem linken Fotojournalisten an. Einige Monate später wurde der Gedenkstein für die ehemalige Synagoge mit einem Hakenkreuz beschmiert. Am 8.10.2017 wurde ein 58-jähriger Mann von drei Personen rassistisch beleidigt und verletzt. Am darauffolgenden Wochenende wurde ein Bandmitglied der linken Band Gloomster von zwei Personen mit Pfefferspray angegriffen und mit Schlagstöcken ins Krankenhaus geprügelt. Selbst Kinder und Jugendliche werden von Neonazis bedroht, wie an einer Schule in der Südstadt ebenfalls im Herbst 2017. Von Februar bis April 2018 initiierte die NPD drei rassistische Demonstrationen unter dem Titel „Wir sind das Volk“, denen bis zu 250 Personen folgten. Im September 2018 griffen Kevin Noeske und fünf weitere Neonazis unvermummt in einem Imbiss Linke an. Die gerufene Polizei tauchte erst nach 50 Minuten auf und rechtfertigte ihr spätes Erscheinen damit, dass es in Eisenach Wichtigeres gäbe. Eine Woche später wurde der oben genannte Gedenkstein erneut beschädigt. Die mutmaßlich verantwortlichen Neonazis, die in der Nähe aufgegriffen wurden, trugen nicht nur Pfefferspray, sondern auch Schlagringe und Elektroschocker bei sich. Zudem gab es immer wieder Angriffe und Drohungen gegen das offene Jugend- und Wahlkreisbüro RosaLuxx. Im Vorfeld der Tanzdemo am 13.10.2018 wurde das Büro mit roter Farbe beschmiert und auf dem Boden Morddrohungen hinterlassen.
Diese Angriffe und politischen Aktivitäten von Rechten, die in ihrer Häufigkeit und Intensität zunehmen, müssen ernstgenommen und gestoppt werden!

Rechte Hegemonie

Das Erstarken der Neonaziszene in Eisenach wurde durch die Gleichgültigkeit der Eisenacher Einwohner*innen befördert, zum Teil sogar durch offene Zustimmung gestützt.
Mittlerweile prägen Neonazis und andere Rassist*innen das Stadtbild und dominieren die jugend- und subkulturellen Angebote im Umkreis. Wer durch Eisenach spaziert, bemerkt schnell die vielen gesprühten Keltenkreuze, diverse „Nazikiez“-Graffiti und sogar namentliche Drohungen gegen Antifaschist*innen an öffentlichen Hauswänden. Die Stadtverwaltung stören diese Symbole und Schriftzüge jedoch nicht und so bleiben sie oft jahrelang bestehen.
Mit dem Ziel, linke und rechte Künstler*innen zusammenzubringen, stellte die Eisenacher Versorgungs-Betriebe GmbH eine Bahnunterführung für eine Graffiti-Aktion zur Verfügung. Der beauftragte Sprayer Max Kosta holte dazu wissentlich den gewalttätigen Neonazi Kevin Noeske ins Boot. Verantwortlich für den Großteil der Nazi-Sprühereien in Eisenach, durfte dieser sich dann dort ganz legal verewigen.
Außerdem bestimmen rechte Gruppen unter wechselndem Namen das Jugendangebot der Stadt. Der Nationale Aufbau inszeniert sich tagsüber als verantwortungsbewusste, „heimatliebende“ Jugend, beispielsweise durch die Säuberung öffentlicher Grünanlagen. Nachts sprayen sie dann großflächig und machen damit ihre Dominanz im Stadtbild sichtbar. Auch gründete sich 2017 eine Bürgerwehr, deren Facebook-Gruppe Sicherheit für Eisenach knapp 2000 Follower*innen hat, die Gruppe Bürgerwehr Untersuhl, Gerstungen und Umgebung aus dem benachbarten Ort zählt über 2700. Über diese Gruppen verlaufen zahlreiche direkte Kontakte zu organisierten Neonazis und Reichsbürger*innen.

Burschenschaften & Co.

Eisenach kann jedoch mit mehr aufwarten als gut integrierten Neonazi-Kameradschaften. Die Deutsche Burschenschaft, die als Dachverband der sogenannten „schlagenden Verbindungen“ fungiert, initiiert jedes Jahr den Deutschen Burschentag in Eisenach. Feministische Gegenproteste von außerhalb konnten vor Ort nicht Fuß fassen, sodass es seit 2015 keinen öffentlichen Widerspruch mehr gibt. Federführende Mitglieder der Deutschen Burschenschaft haben in den vergangenen Jahren mit rechtsradikalen Positionen auf sich aufmerksam gemacht. So wurde beispielsweise gefordert, dass potentielle Mitglieder neben der deutschen Staatsbürgerschaft auch einen „Ariernachweis“ erbringen sollten. Hier agieren Neonazikader wie Philip Stein, seinerseits Mitbegründer der rechten NGO Ein Prozent, Inhaber des rechten Verlages Jungeuropa und Vorsitzender der Nazi-Burschenschaft Germania in Marburg. Stein attackierte zusammen mit anderen Neonazis auf dem Landeskongress der Jungen Alternative Hessen 2017 mehrere Journalist*innen. Auch die neurechte Identitäre Bewegung ist in Eisenach aktiv. Diese traten hier erstmals durch eine Banneraktion an der Wartburg in Erscheinung.

Die AfD in Eisenach

Wie überall im Land, macht sich auch in Eisenach so langsam die AfD breit. So ist seit 2014 der Sprecher des Landesvorstandes in der Stadt angekommen. Stefan Möller, der in der bestehenden Legislatur ein Abgeordnetenmandat im Thüringer Landtag inne hat, öffnete in Eisenach ein Bürgerbüro der AfD. 2018 trat die Partei das erste Mal politisch in Erscheinung. Die AfD stellt zur Oberbürgermeisterwahl in 2019 einen Kanditen: Gregor Modos, derzeit Referent der AfD-Landtagsfraktion. Modos sieht als Schwerpunkt in Eisenach, die Linksextremen. Er sagte selbst: „Linksextremismus ist in Eisenach eine große Gefahr, diese tritt massiv im Stadtbild auf.“ Eines seiner Ziele im Wahlkampf ist die Ordnungsbehörde zu reformieren und mit Hunden und ehemaligen Feldjägern der Bundeswehr zu besetzen.
Am 24.4.2018 wollten Vertreter*innen der AfD, unter anderem Björn Höcke, vor dem Opelwerk in Eisenach gemeinsam mit Mitarbeiter*innen für den Erhalt des Werkes demonstrieren. Gewerkschaftsmitglieder und Mitarbeiter*innen von Opel drängten die AfD’ler ab und verwehrten ihnen den Zutritt zur Kundgebung.
Am 1. Mai 2018 organisierte die AfD in Eisenach eine große Kundgebung. Neben Redebeiträgen von Höcke und Jürgen Pohl (Mitglied im Bundestag) war auch Lutz Bachmann als Ehrengast vor Ort.
Im nächsten Jahr sind Kommunalwahlen in Eisenach und es bleibt abzuwarten, in welcher Stärke die AfD in den Stadtrat einzieht.

Das Flieder Volkshaus

Ein zentraler Ort der Begegnung organisierter Neonazis verschiedener Strömungen und Eisenacher Einwohner*innen ist das Flieder Volkshaus. Die Immobilie im Eisenacher Stadtkern wurde im Jahre 2014 von der NPD erworben und dient seither als Austragungsort für Parteiveranstaltungen, rechte Vorträge, Konzertabende und als Treffpunkt für internationale Neonazi-Strukturen wie Combat 18. So spielten hier bereits die Neonazibands Die Lunikoff Verschwörung, Oidoxie und Kategorie C, während zu anderer Zeit die vorbestrafte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck vortragen konnte.
Das Haus fungiert nebenbei auch als Landesgeschäftsstelle der NPD, wo unter anderem der ehemalige NPD-Landeschef und gebürtige Eisenacher Patrick David Wieschke verkehrt. Er ist seit den 1990er Jahren aktiver Neonazi und war Mitglied des Thüringer Heimatschutzes, der Gruppe, aus welcher der NSU hervorging. Im Jahre 2000 organisierte Wieschke einen Sprengstoffanschlag auf einen türkischen Imbiss in Eisenach. Zudem wird davon ausgegangen, dass er Kontakt zum NSU-Kerntrio hielt.
Das Flieder Volkshaus wird außerdem regelmäßig für private Veranstaltungen an die Einwohner*innen der Stadt vermietet, die dort z.B. Familienfeiern abhalten. Es gibt wenig Berührungsängste mit dem rechtsradikalen Veranstaltungszentrum und kaum Hemmungen, die Räume mit gewalttätigen Neonazis zu teilen. So werden über Hochzeiten und Kindergeburtstage die rechten Strukturen mitfinanziert.

Der NSU in Eisenach

Der NSU hatte viele Verbindungen nach Thüringen und enttarnte sich nach einem Banküberfall in Eisenach 2011 selbst. Nachdem die beiden NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in dem Eisenacher Stadtteil Stregda entdeckt wurden, begingen sie Suizid. In den Ermittlungsakten finden sich Hinweise auf lokale Neonazis, die jedoch nie weiterverfolgt wurden. Auch in diesem Zusammenhang zeigt sich, dass das Interesse der Eisenacher Einwohner*innen an den Verbindungen des NSU mit hiesigen Neonazi-Strukturen und der Einbindung des Ortes in die Verbrechen des NSU sehr gering ist. Bei der letzten Gedenkveranstaltung für die Opfer des NSU im November 2017 beteiligte sich so gut wie keine Zivilgesellschaft.
Im Flieder Volkshaus werden dagegen ungestört und unbeachtet Spenden für die Prozesskosten von André Eminger gesammelt, dessen Beteiligung am NSU inzwischen auch gerichtlich nachgewiesen ist.

Abwehr und Verharmlosung

In Eisenach zeigt sich beispielhaft, wie eine Mischung aus Gleichgültigkeit, Ignoranz und stiller sowie offener Zustimmung mitverantwortlich dafür ist, dass Rechte in Eisenach wie überall in Deutschland Aufwind haben. Diese Entwicklung wird durch ein komplexes Zusammenwirken von einzelnen Akteur*innen, gesamtgesellschaftlicher Akzeptanz und dem Herunterspielen durch staatliche Institutionen getragen.
Die Stadt Eisenach inszeniert sich als ‚reflektierte Kulturstätte‘, während zugleich rassistische und neonazistische Umtriebe als Handlungen ‚besorgter Bürger*innen‘ verharmlost werden. Im Jahr 2017 erklärte die Polizei entschlossen: „Eisenach ist kein Angstraum“, obwohl sie mehrfach zu Übergriffen hinzugerufen wurde. Dass Eisenach sehr wohl ein Ort der Angst ist, wissen die Betroffenen der Gewalt leider nur allzu gut – alle anderen interessiert es nicht.
Dies ist nicht spezifisch für Eisenach, sondern ein allzu bekanntes gesamtgesellschaftliches Muster: Rechte Gewalt wird verharmlost, die Übernahme politischer Verantwortung verweigert. Rechtstaatliches Image und deutsche Realität klaffen immer weiter auseinander.

Antifaschistisches Engagement

Doch gibt es in Eisenach seit Jahren auch Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus, Intoleranz und Ausgrenzung einsetzen – zum Beispiel das “Bündnis gegen Rechtsextremismus Eisenach”, welches aus verschiedenen Parteien und Verbänden besteht. Regelmäßig organisiert dieses Aktionen für Vielfalt, Religionsfreiheit und gegen Faschismus. Eine parteiunabhängige, autonome Gruppe stellt die “Antifaschistische Linke Eisenach” dar. Diese organisierte in jüngster Vergangenheit eine Tanzdemonstration und versucht mit dezentralen Aktionen, den anhaltenden rechtsextremen Tendenzen etwas entgegenzusetzen. Des weiteren besitzt die Thüringer Landtagsabgeordnete Kati Engel (Die Linke) ihr Jugend- und Wahlkreisbüro “RosaLuxx.” in Eisenach. Das Büro wurde schon mehrfach Zielscheibe für politisch motivierte Sachbeschädigung. Auch gibt es viele junge, alternative Menschen, die immer wieder Opfer von gewalttätigen Übergriffen seitens rechtsextremen Gruppierungen werden. Seit kurzem existiert auch wieder eine “Linksjugend”. Auch Eisenacher Punkbands wie bspw. Gloomster engagieren sich seit Jahren gegen die anhaltenden Zustände.
Mit dem Ziel den rechten Konsens etwas entgegenzusetzen und sich trotz der ständigen Bedrohung durch Neonazis zu organisieren, kam der jährlich an wechselnden Orten im Freistaat stattfindende antifaschistische & antirassistische Ratschlag Thüringen nach Eisenach. So fand der 28. Ratschlag Anfang November 2018 statt. Die Teilnehmer*innen wurden mehrfach von mehreren stadtbekannten Neonazis angegriffen, die unter anderem mit Baseballschlägern bewaffnet waren.
In der Stadt erfahren die antifaschistischen Bemühungen wenig Rückhalt. Das CDU-Kreisvorstandsmitglied Lars-Christian Schröder beschimpfte Aktivist*innen auf Facebook gar als „linke Seuche“ und „Pack“. Nicht zuletzt daran wird deutlich, dass viele Parteipolitiker*innen nicht die gewalttätigen Übergriffe, rechten Symbole oder Neonazi-Konzerte als Bedrohung werten, sondern den Widerstand gegen diese Zustände.

Darum Eisenach

Die Eisenacher Zustände sind dabei als Spiegel gesamtgesellschaftlicher Verhältnisse und rechter Hegemonie in deutschen (Klein-)Städten zu verstehen: Neonazis verschiedener Organisationen mit etablierter Infrastruktur, rechte Dominanz in Stadtbild und Jugendkultur, regelmäßige rassistisch motivierte Angriffe auf Menschen, Einschüchterungen antifaschistischer Aktivist*innen und eine Mehrheitsgesellschaft, die davon nichts wissen will.
Diese Entwicklung vollzieht sich vor dem Hintergrund einer autoritären Wende der gesamten Gesellschaft: steigende Zahlen rassistischer und antisemitischer Angriffe, Etablierung der AfD in allen Landesparlamenten und im Bundestag, Übernahme rechter Inhalte durch Politiker*innen von CSU bis Linkspartei (in verschiedenen Abstufungen), verschärfte Asyl- und Polizeigesetze, zunehmende Repression gegen Linke, stete Verschiebung der Grenzen des Sagbaren in Politik und Öffentlichkeit, steigende Akzeptanz für autoritäre Politik und Verschwörungstheorien…
Deshalb gehen wir am 16. März 2019 nach Eisenach, um gegen all dies zu demonstrieren: Gegen die Zustände in dieser Stadt, gegen die rechte Vorherrschaft, gegen das Schweigen der Mitte. Aber auch gegen Eisenach als ein Beispiel unter vielen, als Ausdruck der rassistischen Gesellschaft, des völkischen Friedens, des Zusammenhalts der ‚Volksgemeinschaft‘ gegen alles „Undeutsche“. Wir wollen die Antifaschist*innen vor Ort unterstützen, die lokalen Initiativen und Menschen in ihrem antifaschistischen Engagement bestärken! Sie stehen nicht allein!
Kommt nach Eisenach! Unterstützt uns! Fahrt mit uns!
Antifa in die Offensive!

5 YEARS OF NSU-TRIAL – NO CLOSURE!

Nationwide actions of the NSU-Trial sentencing Rallies in Berlin on Day X.

The end of an endless trial

In the beginning of 2018 after five years the NSU-Trial will come most likely to an end. The NSU (“national socialist underground”) network murdered at least nine people: Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, and Halit Yozgat. They were also responsible for the murder of the police officer Michèle Kiesewetter and tried to kill her colleague Martin Arnold. There were three bomb attacks in Cologne and Nuremberg where a lot of people were injured and only by chance nobody was killed. People were also severely injured through the 15 robberies and bank raids.
The families and friends of the victims of the NSU-Terror had big hopes for the trial. They wanted to know why their relatives/ loved ones had to die and who supported the NSU at the crime scenes. They expected clarification about the involvement of the intelligence service (“Verfassungsschutz”) and the police in the NSU complex/ network. They want the recognition for the institutional racism and that it will have consequences.
All of that wasn’t achieved during the trial in Munich. The joint plaintiffs and their lawyers tried again and again to include these aspects in the trial. Until the end of the trial the federal prosecutor’s office (“Bundesanwaltschaft”) hold up the myth of an “isolated trio” who committed the murders. Many questions concerning the activities of the NSU e.g. the network and the role of the authorities were nearly systematically excluded in the trial and are until today not solved.

The problem is racism

Racsim is a strong pillar in the NSU-Trial. The NSU did not emerge out of a social vacuum. It is in direct connection to the pogroms and attacks in the 1990s. In 1993 the german asylum law was abolished and showed the neo-Nazis: racism won’t be persecuted. Until today the mainstream society and the german police are downplaying racist and right-wing violence. It is even harder to address institutional racism — not only in the context of the NSU-Trial but also in racist police controls in trains and train stations and in the public space.
Those who are affected by it know that the problem is racism. From the beginning the people affected to the nine murders wanted to include racism as a motive for the crime in the investigation. For 11 years no one listened to them – out of racism. Why did a “Task Force Bosporus” chase a “Döner-murder” and not a “Task Force Zwickau” the “Nazi-Killer”? Why did the media only believed the theories of the law enforcements? And why didn’t anzi-racists and anti-fascists in Germany support the demonstrations of the families Kubasik and Yozgat in Kassel and Dortmund in 2006, despite the experiences of the 1990s pogroms? Anti-fascist structures were blind in their perception of the concerns and didn’t take the dimensions and risks of organized neo-Nazi groups serious.
The structures and patterns of perception of the police, media and also leftists can easily be linked to racism. The racism of the neo-Nazis and the daily and institutional racism form with the state build and protected Neonazi structures the NSU-Complex. NSU means racism, state and neo-Nazis hand in hand.
The attitude towards racism and of those affected has not change after five years of NSU-Trial. The social conditions for the establishment of the NSU have not changed.
The accused persons were convicted, but there is no effort for persecuting the many supporters of the NSU or the involved public authorities.
But there is no compensation for the efforts of the affected families and supporters. After the G20 summit in Hamburg there was a fund arranged for people affected by the protests. The affected by the NSU-Terror still have to fight for any right of compensation.

German continuation

The society and the authorities of Germany follow trained behavior. The vast majority of people who wanted to sue Nazis were the victims who survived. The vast majority of the German society, the perpetrators wanted to close the chapter of Nazi history out of their own suppression and responsibility. The whole responsibility for the million murders had only a very small group of people – Hitler, the NSDAP, and the SS.

Antisemitism is part of the problem

The ideological foundation of the NSU included anti-Semitism. Within the National Socialist world view of the NSU there is a close connection between racial anti-Semitism directed against Jews and racism which targets migrants and POCs. The ideology of the superiority of the „white race“ goes along with the idea that it is threatened by an „overpowering Jewish world conspiracy“ on the one hand and by immigration and mingling with „inferior strangers“ on the other hand. This logic is followed by the „Turner Diaries“, which are considered as a template for the NSU murder series. They propagate the underground struggle against „the system“, which begins with the murder of blacks, Jews and politicians and ends with the world domination by the „white race“.
Anti-Semitism was also expressed in the concrete acts of the NSU. In 1996, the NSU core trio hung a doll with the inscription „Jew“ and a bomb dummy on a highway bridge to protest against the visit of Ignatz Bubis, the chairman of the Central Council of Jews in Germany. A few months later, Beate Zschäpe participated in the sending of a murder threat to Bubis. Also the game „Pogromly“ produced by the NSU core trio spread National Socialist propaganda and antisemitic extermination fantasies. This connection to anti-Semitism has been largely suppressed by both the public and the NSU process so far.

Traces to Berlin

Several traces of the NSU also lead to Berlin. Stephan Lange was Germany’s boss of „Blood & Honor“ and was in close contact with central figures of the NSU. He was passed on by the LKA Berlin (State Office of Criminal Investigation) as an informer „Nias“ to the Federal Constitutional Protection (“Bundesverfassungsschutz”). Thomas Starke has been an informer since 2000 in Saxony. He bought explosives for the NSU core trio three years before he was recruited and later helped in finding a hiding place for them. The LKA Berlin did not pass on at least five references to the NSU core trio to the investigating authorities. In May 2000, Zschäpe, Mundlos, and the „Blood & Honor“ squad Jan Werner probably observed the synagogue in Berlin’s Rykestraße. In 2011, the Berlin police wondered whether three explosives attacks on the Jewish cemetery Heerstraße in Charlottenburg were connected to the NSU. In 1998 it happend twice, that pipe bombs exploded on the grave of Heinz Galinski, the former president of the Central Council of Jews. In 2002 an explosive device was thrown into the entrance area of the cemetery. All relevant investigations remained without any success until today. In the Zwickau apartment of the NSU was found an address list with 233 Jewish institutions, on which in addition to many places in Berlin – the Jewish cemetery Heerstraße was listed.
Despite the demands of anti-fascist initiatives and a petition from the Berlin Association of Persecutees of the Nazi Regime (“Bund der AntifaschistInnen VVN-BdA”), there is still no parliamentary committee of inquiry for the NSU complex in Berlin, as it already exists in numerous other federal states.
Even after the murders of Burak Bektaş in 2012 and Luke Holland in 2015 in Berlin Neukölln, neither the LKA Berlin nor the BKA (Federal Criminal Police Office) issued a racist motive – without a convincing investigative approach that could justify this attitude. Bektaş’relatives cannot and do not want to accept this. They suspect that Burak Bektaş may have been shot by a racist. The consistent exclusion or non-naming of racist murder motives gives parallele with the behavior of the investigative authorities in the NSU complex. That needs to change!

The continuity of right-wing terrorism and the reality of migration

The NSU was not the first neo-Nazi terrorist organization and not the last. This is shown by trials against far-right organizations such as the „Oldschool Society“ or the „Freital Group“. In addition, the reports of more and more weapons findings in right-wing structures are piling up. The number of arson attacks and racist attacks has increased dramatically in recent years. The borders between neo-Nazis, the New Right and concerned Pegida or Bärgida citizens who participate in attacks on refugee shelters are increasingly blurred and interwoven. The political decision-makers are reacting with the massive reduction of the asylum law, the foreigners‘ authority and the Federal Office for Migration and Refugees are calling for deterrence.
Nevertheless, the NSU has not achieved its goal of expelling migrants from Germany. The relatives of the murder and attack victims have not left the country. The Keupstraße was also rebuilt. Here, as in innumerable other places of the Federal Republic of Germany, a new, post-migrant society was established, which is taken for granted today. The over 50-year-old immigration to Germany had civilizational effects on this post-Nazi country, which can neither be fought out nor destroyed. Instead, self-organized migrant resistance as well as racist and anti-Semitic social structures must be made visible!

The end is just the beginning

  • The end of the NSU trial is not the end of the conflict with the NSU and the society that made it possible. Independent of the Munich verdict, more questions than answers remain. This is the reason why the “Bündnis gegen Naziterror und Rassismus” („Alliance against Nazi Terror and Racism“) is mobilizing for Munich under the motto “Kein Schlussstrich” („No Closure“) on Day X, the day of the pronouncement of sentence. Come to Munich on the day of the verdict! However, anyone who can not travel to Munich can join other actions, such as our demonstration in Berlin. We want to express our solidarity with the relatives of the murdered, the victims of the attacks and all people who are threatened and affected by right-wing terror and racism. We want to show that we are not done with the NSU complex.
  • No Closure complete investigation and destruction of the NSU complex!
  • Oppose racist terrorism against refugees and migrants – Fight racism in the authorities and the society!
  • Clarification of the racist murders of the NSU by an international committee of inquiry where the relatives can participate!
  • Dissolve the intelligence service  – abolition of covert informants!
  • Establishment of a parliamentary NSU committee of inquiry for Berlin!

Go to Munich. Come to the demonstration in Berlin. Set a determined signal!
More informations about the demonstration and actions on Day X can be found on nsuprozess.net  (Munich) and irgendwoindeutschland.org/nsu (other cities)