Bürgermeister Jörg Röglin formuliert seinen größten Wunsch für den heutigen Tag in Wurzen so: „Dass die gewählten Abgeordneten respektiert werden und sie in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen können“. Wie üblich: Was für ihn zählt ist „Ruhe“, keine Störung des Betriebs. Dabei wird nicht der Einzug mehrerer Neonazis in den Stadtrat als störend empfunden, sondern diese Antifa-Demo.
Respektiert werden sollen die gewählten Abgeordneten, darunter AFD und Kampfsport-Nazi Brinsa. Die 6 rechten Abgeordneten sollen in Ruhe arbeiten können – also ungestört ihre rassistischen Diskurse im Stadtrat verbreiten. Ungestört ihre Kampagne gegen das Netzwerk für demokratische Kultur umsetzen.
Das NDK im Gegenzug kann aufgrund von rechten Angriffen lange nicht in Ruhe der Arbeit nachgehen – in den letzten Monaten allein kam es zu zwei Angriffen gegen das von ihnen betriebene Café. Selbst gestern bei einer Veranstaltung der taz wurden Besucher*innen beschimpft und bedroht. Schwarze Menschen und People of Color können weder in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen, noch sich sicher fühlen, in den Wurzener Straßen unversehrt zu bleiben.
Für uns ist all das mehr als Grund genug, die Nazis nicht in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen zu lassen. An der rechten Hegemonie in Wurzen und dem Stillschweigen der restlichen Stadtgemeinschaft hat sich nichts geändert, seit wir das letzte Mal da waren.
Wir wollen deshalb den Fokus weiter auf Wurzen richten, Druck aufbauen und Öffentlichkeit schaffen. Aufmerksam machen, den Blick darauf richten, was es hier für rechte Machenschaften gibt.
Die Sitze rechter Parteien im Wurzener Stadtrat sind ein Problem. Sie sind vor allem aber deswegen ein Problem, weil sie nicht alleine stehen, sondern gut eingebunden sind in die Wurzener Stadtgesellschaft und ihre selbsternannte Mitte. Die Nazis im Wurzener Stadtrat wurden gewählt. Sie befinden sich in Wurzen in einer Umgebung, in der sie akzeptiert und unterstützt werden. Ignoranz und das Wegsehen, bis hin zu Anerkennung und Unterstützung macht die Neonazis zu einer solchen Gefahr. Diese Gefahr liegt gerade im Zusammenspiel der verschiedenen Akteur*innen: Der aktiven Neonazis, die teilweise jetzt im Stadtrat sitzen, eines SPD-Bürgermeisters, der die Gefahr herunterspielt und eher den Ruf seiner Stadt gefährdet sieht, einer Lokalpresse, die auch gerne Nazis zu Wort kommen lässt, der sächsischen Justiz, die rechte Gewalttäter*innen nicht verurteilt und dieser sogenannten Mitte, die sich nicht von der rassistischen Gewalt der Neonazis ihr ruhiges Idyll vermiesen lässt, wohl aber von Antifas.
Wurzen konnte so zu einem Rückzugsort für Nazis werden und bietet ihnen mit mehreren Immobilien, Läden und einem Versandhandel wichtige Infrastruktur in der Region. Damit hat sich Wurzen den Titel verdient: „Das braune Herz des Muldentals“.
Bürgermeister Röglin wünscht sich „Ruhe“ für den heutigen Tag. Doch für wen kann es überhaupt „ruhig“ sein in einer Stadt wie Wurzen? Nicht für die, die von den Angriffen der Nazis betroffen sind. Deshalb kommen wir immer wieder her, um diese trügerische Ruhe zu stören, um den Finger in die Wunde zu legen und uns mit denjenigen zu solidarisieren, die von Nazis angegriffen und bedroht werden. Wir bleiben unversöhnlich gegenüber den rassistischen Zuständen, gegenüber der Normalität dieser Stadt, gegenüber den Nazis und denen, die sie machen lassen.
Wurzen braucht mehr Ruhestörung! Antifa in die Offensive!