Konfrontiert wurde die Demonstration zunächst mit einem martialischen Polizeiaufgebot von mehreren Hundertschaften, fünf Wasserwerfern und dem SEK. Medial wurde die Stimmung schon Wochen vor der Demonstration angeheizt: Es war stets die Rede von einem „zweiten Hamburg“ oder einem „zweiten G20“. „Dies machte es sehr schwer, unsere Inhalte gerade an die Wurzener*innen zu vermitteln. Stattdessen schürte das massive Polizei-Aufgebot und das Medienecho zuvor ein Szenario der Angst“, so die Sprecherin weiter.
Die Demonstration lief entschlossen aber friedlich an verbarrikadierten Läden und unzähligen Kameras von Außenstehenden vorbei. Sie machte mit Transparenten und zahlreichen Redebeiträgen dennoch auf den rassistischen Alltag und die Mobstimmung in Wurzen aufmerksam. Diese war durch die vielen hitlergrüßenden und vermummten Neonazis am Rande der Demonstration an diesem Tag auch mehr als sichtbar. Die Neonazis versuchten wiederholt, die Demonstration und anwesende Journalist*innen anzugreifen.
Noch zuvor lies die Polizei verlauten, dass das eigene Aufgebot zum Schützen der Antifaschist*innen aufgefahren wurde. Dass dieser vermeintliche Schutzauftrag nur vorgeschoben war, zeigte sich als die Angegriffenen selbst verteidigen mussten, Täter lediglich ermahnt wurden und die Beamten sich bei den vielen bei Hitler- und Kühnengrüßen für „nicht zuständig“ erklärten.
„Mit einem solchen Szenario haben wir im Vorfeld gerechnet, hier waren die Wurzener Zustände für alle sichtbar,“ sagt Sandra Merth.
Trotz Routenänderung und zurückgezogenen Gegenveranstaltungen konnte die Demonstration die Aufmerksamkeit auf prägnante Punkte der gut vernetzten und umtriebigen Neonaziszene richten. Vom Lautsprecherwagen waren dazu immer wieder Informationen zu hören. „So wurde beispielsweise der langjährige Sitz von dem Neonazi-Label ‚Front Records‘ in der Walther-Rathenau-Straße thematisiert. Ebenso wurden die rassistischen Übergriffe in der Pestalozzi-Schule und auf Wohnungen von Geflüchteten an den entsprechenden Orten skandalisiert,“ beschreibt Merth die Route.
„Wir waren sehr erfreut, dass trotz der vorherigen Angstmache auch engagierte Wurzner*innen den Weg auf unsere Demonstration gefunden haben, und hoffen, dass die Demonstration weitere Wurzener*innen für unsere Inhalte sensibilisiert wurden und sich den rassistischen Zuständen in Zukunft entgegenstellen werden“ so Sandra Merth weiter.